
Barbara Radlmair
Meine kirchliche Geschichte beginnt in der Kindheit. Ich bin in einer Familie mit sechs Geschwistern in Linz groß geworden- und es gab keine Brüche mit dem Glauben. Manchmal heftige Diskussionen über die Kirche mit Eltern und Geschwistern – aber doch immer wieder das Bleiben. Das Bleiben von uns Geschwistern allerdings in unterschiedlichen Pfarrgemeinden – was eine kleine kirchliche Freiheit beinhaltete.
Als ich zum Studium nach Wien kam, war klar, dass ich mich um ein kirchliches, spirituelles Daheim kümmern musste. So war mein Weg in die Katholische Hochschuljugend klar. Und mit Joop Roeland, der damals Hochschulseelsorger war, und den damals aktiven Studierenden war das eine gute und bereichernde Möglichkeit.
Als Joop die Seelsorge in der Ruprechtskirche übernahm, konnte ich quasi beim „Aufbau einer Gemeinde“, die ein bisschen anders lebte und feierte, dabei sein. Vieles davon hat mich geprägt – und ehrlich manches davon vermisse ich immer noch in der alltäglichen Pfarrarbeit.
Als ich, nach Studiumswechsel begann Religion zu unterrichten, war für mich klar, dass ich dort zur Kirche „muss“, wo auch meine Schüler und Schülerinnen sein können. So wuchs ich nach und nach hinein in die Pfarre St. Johann Evangelist am Keplerplatz. Schönes und Aufreibendes, Mühsames und auch Befreiendes war möglich, prägte auch mein Glaubensleben. Es ist ja nicht so, dass ich nur tun kann, irgendwie muss ich ja auch wachsen in Spiritualität, im Leben von Glaubenszweifel und Vertrauen.
Als die Diskussionen über die Umstrukturierung in der Diözese begannen, war die Hoffnung auf Veränderung fast größer als die Angst vor Verlust, der ja viele Gemeinden prägte. Jetzt nach 10 Jahren Pfarre neu, leide ich ein bisschen an den Schwierigkeiten, die viele haben, über Pfarr(Gemeinde)grenzen hinauszuschauen. Aber auch daran, dass die Angst groß ist. Die Sehnsucht nach Spiritualität, die trägt und auch auffängt, ist bei vielen Menschen spürbar.
Ich arbeite seit einigen Jahren im Fachausschuss Öffentlichkeitsarbeit des Vikariates Stadt mit und wurde gefragt, ob ich mir vorstellen kann, die Funktion als Vorsitzende der KA im Vikariat Stadt zu übernehmen (was gleichzeitig bedeutet, dass ich die KA im Vikariatsrat vertrete).
Spannend und motivierend an meiner Funktion ist für mich die Vielfalt der Aufgaben, die sich bietet, das Schauen, was entspricht mir, wo kann ich mich in Bestehendes einbringen, aber auch, dass es die Möglichkeit gibt, etwas Neues zu entwickeln.
Ich gebe schon zu, dass ich noch ein bisschen brauche, um mich in alles einzulesen, zu schauen, zu sortieren. Dabei aber, und das tut mir unglaublich gut, ich wurde mit offenen Armen, mit Interesse an meinem Denken und Tun aufgenommen. Das beflügelt.
In der Katholischen Kirche würde ich gerne folgende Dinge ändern (Da muss ich fast vorsichtig sein, nicht in Schlagworte zu verfallen):
- Gleichberechtigung von Frauen in allen Bereichen, in kirchlichen Ämtern, nicht nur im Tun.
- Ehrenamtliche Mitarbeiter*innen zu befähigen und zu beauftragen in ihren Ämtern und sie als gleichwertige Partner*innen in Leitungsgremien aufzunehmen.
- Offenheit und Kritikfähigkeit
Besonders gefällt mir die Bibelstelle 1 Kön 19, 3-15:
„Doch der Engel des HERRN kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sprach: Steh auf und iss! Sonst ist der Weg zu weit für dich. Da stand er auf, aß und trank und wanderte, durch diese Speise gestärkt, vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb. Dort ging er in eine Höhle, um darin zu übernachten. Doch das Wort des HERRN erging an ihn: Was willst du hier, Elija? Er sagte: Mit leidenschaftlichem Eifer bin ich für den HERRN, den Gott der Heerscharen, eingetreten, weil die Israeliten deinen Bund verlassen, deine Altäre zerstört und deine Propheten mit dem Schwert getötet haben. Ich allein bin übriggeblieben und nun trachten sie auch mir nach dem Leben. Der HERR antwortete: Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den HERRN! Da zog der HERR vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem HERRN voraus. Doch der HERR war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der HERR war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der HERR war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle. Da vernahm er eine Stimme, die ihm zurief: Elija, der Angst hat, der erschöpft ist und auch sauer ist, weil es nicht so läuft, wie er erhofft, flieht. Gott aber lässt nicht nach – er schickt Boten, stärkt ihn – und dann fordert er ihn auf weiterzumachen. Dabei begegnet er ihm aber in einer Sanftheit, die seine Liebe zeigt. Feuer, Sturm und Erdbeben – alles, was mein Leben ins Wanken bringen kann, kommt vor seiner Liebe.
Meine Talente und Stärken sind, dass ich mich gut auf veränderte Situationen einstellen und mich auf Menschen einlassen kann. Leidenschaft, wenn ich von etwas überzeugt bin, dann bin ich manchmal vielleicht auch ein bisschen heftiger und auch stur. Aber Sanftmut auch dort, wo es um Menschen geht, um Kinder, die auf der Suche sind nach Gott. Grundsätzlich bin ich freundlich, zuverlässig, ich sehe Arbeit und scheu mich auch nicht, sie zu tun. Das ist manchmal ein bisschen zu wenig vorausschauend, aber Ich mag Vielfalt – darum sind mir Betätigungsfelder, in denen ich gestalten kann, wichtig. Ich bin z.B. verantwortlich für die Erstkommunionvorbereitung aber auch Begräbnisleiterin. Und beide Aufgabenfelder entsprechen mir.
Was jemanden vermutlich an mir überraschen würde, ist
- dass ich von Schuhen, die ich mag immer zwei Paar habe
- dass ich schon mit fremden Menschen ins Gespräch kommen kann, obwohl ich schüchtern bin
- dass mein kirchliches Interesse weit über das Pfarrleben hinausgeht, obwohl ich dort viel Zeit verbringe.