Mobilität neu denken
„Die eigene Spiritualität als Motor des Handelns ist ´schöpfungstauglich´ weiter zu entwickeln“, sagte die Referentin der Katholischen ArbeitnehmerInnenbewegung, Gabriele Kienesberger, einleitend in ihrer Moderation der Industrieviertel-Akademie, die unter dem Motto „Wer rettet Klima?“ stand, zu der die Katholische Aktion des Industrieviertels gemeinsam mit dem Katholischen Bildungswerk am 12. November 2020 eingeladen hatte und vom Bildungszentrum St. Bernhard Online durchgeführt wurde.
Den eigenen Lebensstil ändern
Aus „Laudato Si“, der „globalen Sozial- und Umweltenzyklika, einem Beispiel des Dialogs zwischen Glaube und Wissenschaft“, die auch ein politischer Beitrag zur Klimakonferenz in Paris im Nov. 2015 war, wo eines der zentralen Themen und Positionen „die Beziehung zwischen den Armen und der Verwundbarkeit der Erde“ ist, folgerte Kienesberger für individuell-persönliches Handeln weiters:
- „Der eigene Lebensstil ist dahingehend zu verändern, dass wir nur so viel konsumieren, wie nachhaltig möglich ist, was gleichzeitig ein faires und nachhaltiges Kaufen erfordert.
- Gleichzeitig erfordert das ein sich zivilgesellschaftlich und politisch Einmischen, um entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen“. Kienesberger schloss ihre Einleitung mit dem Papst Franziskus Zitat aus Laudato Si 139: „Es gibt nicht zwei Krisen nebeneinander, eine der Umwelt und eine der Gesellschaft, sondern eine einzige und komplexe sozioökologische Krise“.
Mobilität neu denken - Öffentlichen Verkehr ausbauen
„Es ist Zeit, dass wir Mobilität neu denken. Öffentlicher Verkehr ist nicht nur essentieller Teil einer hohen Lebensqualität und der Daseinsvorsorge. Er ist auch wesentlich, damit unser Planet für die kommenden Generationen lebenswert bleibt“, sagte Silvia Kaupa-Götzl, die Geschäftsführerin der ÖBB-Postbus GesmbH bei der Industrieviertel-Akademie. Sie wies darauf hin: „Einer der größten Klimasünder ist der Verkehrssektor, der für fast 30 Prozent der gesamten CO2-Emissionen in der EU verantwortlich ist. Während in anderen Sektoren, wie beispielsweise der Industrie, der CO2-Ausstoß seit 1990 zurückgeht, gibt es im Verkehrssektor im gleichen Zeitraum eine kontinuierliche und deutliche Steigerung. Für die Erreichung der EU-Klimaziele zur Reduktion der CO2-Emissionen gibt es nur einen Weg: wir müssen unser Mobilitätsverhalten verändern, und zwar nachhaltig“, bekräftigte Kaupa-Götzl.
„Es gilt daher, diesen Öffentlichen Verkehr – Bahn, Bus, Sammel- und Anruftaxis – umfassend auszubauen und so möglichst viele Menschen zum Umsteigen zu bewegen. Mein Verkehrsverhalten ändere ich erst, wenn der öffentliche Verkehr verlässlich und regelmässig da ist“, betonte Kaupa -Götzl. „Es gilt, näher zusammen zurücken, statt Ortskerne zu zersiedeln und Flächen zu versiegeln. Es gilt allerdings auch, den Öffentlichen Verkehr in das 21. Jahrhundert zu transferieren und Angebote digital und flexibler verfügbar zu machen. Neben den „altbekannten“ öffentlichen Verkehrsangeboten sollten daher auch neue, moderne, bedarfsgerechte Angebote entwickelt und umgesetzt werden“, so Kaupa Götzl.
Als gelungenes europäisches Beispiele für den öffentlichen Verkehr sieht Kaupa-Götzl die Stadt Wien, die „einen großartigen Öffentlichen Verkehr hat, und das ist mit ein Grund, warum Wien Jahr für Jahr zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt wird. Wien baut stetig aus und geht mit der Zeit, was die Verknüpfung der Verkehrsangebote durch Digitalisierung betrifft. Aber auch immer mehr Gemeinden in ganz Österreich zeigen sehr großes Interesse daran, den Verkehr in ihrer Gemeinde zu verändern und zu verbessern“. Mobilität sei „ein riesengroßes Thema, wenn es darum geht, Abwanderung zu verhindern, und das haben viele Gemeinden erkannt. Auch immer mehr Verkehrsverbünde in Österreich setzen auf neue, bedarfsgerechte Verkehrsangebote, und wir als Postbus können diese Verkehrsangebote planen und bereitstellen, so Kaupa-Götzl, für die die Niederlande ein „Vorbild für öffentlichen Verkehr in der EU ist, die ein extrem dichtes öffentliches Verkehrsnetz hat und die digitale, einfache, einheitliche Ticketlösungen anwenden. Überdies setzt die Niederlande stark auf alternative Antriebe wie E- und Wasserstoffbusse“.
Menschen schützen und uns selbst
Der Sektionschef im Klimaschutz-Ministerium, Jürgen Schneider, wies darauf hin, die „Klimaschäden haben Kipppunkte, das Schmelzen des Eises in Grönland, der Permafrostböden. Beim Klimaschutz geht es um Menschen schützen und uns selbst“. Wirksame Klimachutzmassnahmen brauchen „viele Verbündete aus der Bevölkerung und Wirtschaft. Es soll jeder Anreiz genug haben“, bekräftigte Schneider, der dabei eine Reihe von Massnahmen ansprach an denen das Ministerium gerade arbeite wie Raus aus dem Öl Bonus, eine eigene Schiene für sozial schwache Haushalte zu machen, das 1-2-3 Ticket um 1095 €. Auch die Frage der CO2 Bepreisung ist ein marktnaher sinnvoller Schritt, dessen Ziel wie in der Schweiz und Schweden „Kostenwahrheit“ sei. Diese Reform solle „nicht als Belastungsreform sondern Aufkommensneutral sozial ausgewogen sein“, betonte Schneider. Auch über die Reform der Pendlerpauschale sei nachzudenken. „Es geht nicht darum sie abzuschaffen, sondern sie sozial verträglicher, treffsicherer und ökologischer zu machen“, so Schneider, der darauf hinwies: “Vor 50 Jahren hatte Wien den höchsten Motorisierungsgrad von allen Bundesländern, heute hat es den mit Abstand niedrigsten Motorisierungsgrad“.
Der Landtagsabgeordnete und Stadtrat für Wiener Neustadt für Stadtentwicklung Franz Dinhobl sagte, die Stadt „braucht die rasche Entwicklung eines Verkehrskonzeptes. Jeder der hier lebt trägt Verantwortung, für den Klimaschutz etwas zu tun“. Der öffentliche Verkehr sei „sehr wesentlich“. Gasbusse werden mit Erd- und Biogas betrieben, wofür die Stadt ausgezeichnet wurde. Es brauche aber auch einen „höherer Anteil von Rad-, Fußgänger und öffentlicher Verkehr“. So gelang bei Elektrofahrrädern in den letzten 5 Jahren eine Steigerung von 10 auf 14. Prozent.
Einleitend hatte Richard Wagner, der KA-Vorsitzende des Industrieviertels, allen TeilnehmerInnen der Industrieviertel-Akademie für ihr Kommen gedankt – Peter Maurer vom Bildungszentrum St. Bernhard in Wiener Neustadt für all sein Engagement, damit diese Zoom-Konferenz entsprechend durchgeführt werden konnte, Gabriele Kienesberger für die Moderation der Akademie und allen denen das Klima nicht egal ist.
Anschließend wurde noch in fünf verschiedenen Gesprächsgruppen mit namhaften Fachleuten das Gehörte entsprechend vertieft. Zum Abschluss stellten die Gesprächsgruppen dann ihre erarbeiteten Ergebnisse vor.
Franz Vock