Zusammenleben in Vielfalt - Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts
„Das Zusammenleben in Vielfalt und Verschiedenheit ist die Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts“, betonte de Pastoraltheologin Regina Polak in ihrem Vortrag beim „Impuls-Tag“ der Katholischen Frauenbewegung vor mehr als 70 Frauen am 13. September im Curhaus Wien, der unter dem Thema: „Achtsam & offen zum neuen Wir“ stand.
Umgang mit Minderheiten ist Gradmesser für humane Gesellschaft
Das Zusammenleben in „Migropa“ in Gerechtigkeit und Frieden sei „hochaktuell“. Sei doch „der Umgang mit Minoritäten und Immigranten der Gradmesser für eine humane Qualität einer Gesellschaft“, unterstrich Polak. Die soziale Ungleichheit sei „Ursache, dass ethnische Unterschiede zu Konflikten werden und nicht umgekehrt“. Migration sei „nicht die Ursache für politische, soziale und kulturelle Probleme“, sondern beschleunige diese. Und mache sie deutlicher sichtbar. Migration sei „ein Segen für die Menschheit“ und eröffne „neue Lernmöglichkeiten für Eingeborene. „Menschen können miteinander in Vielfalt und Verschiedenheit leben“, ist Polak überzeugt.
Die biblische Rede vom „Reich Gottes“ sei entscheidend: Der Exodus als ein Befreiungsgeschehen, die neutestamentliche Hoffnung auf Versöhnung zwischen Heiden und Juden in Christus. Den „Turmbau zu Babel“ interpretierte Polak als „Anerkennung von Pluralität“. Denn Gott verhindere „das angestrebte Einheits-Projekt, indem er Vielfalt wieder herstellt.“ Das Reich Gottes sei eine „eschatologische Wirklichkeit“: Schon da und noch ausständig in Fülle. Die Christen könnten von Israel „lernen“: „Religiöses Heil gibt es nicht ohne irdisches Heil und ohne Gerechtigkeit.“ Von Jesu Reich Gottes-Lehre könne man lernen, „indem man seiner Praxis nachfolgt“. Der Maßstab der Gerechtigkeit sei „der Umgang mit Witwen, Waisen, Fremden und Armen“, betonte Polak.
„Wechselseitig voneinander Lernen“
Sie stellte auch ein „Erstarken der Humanophobie“ fest (Islamophobie, Antisemitismus, Xenophobie und Rassismus). Daher sei „der Kampf um strukturelle Anerkennung von Diversität“ (Geschlecht, Bildung, Kultur, Religion) wichtig. Es sei „normal, verschieden zu sein“. Die Kirche sei eine „Lerngemeinschaft“, Jesus selbst habe „gelernt“ (die Tora, den Gehorsam und beim Gespräch mit der syro-phönizischen Frau). Der kirchliche Missionsauftrag sei „ein Lernauftrag“, die matthäischen „Mathetes“ seien „Lernende, Schüler“. Themen des Lernens seien „Katholizität, Weite, Vielfalt, Leben in Vielfalt und Verschiedenheit, Einheit und Gerechtigkeit“.
Polak plädierte für „Convivenz“ („Zusammenleben“). Diese sei „kein Ersatz für Integration und Multikulturalismus“. Integration ermögliche Teilhabe, führe aber faktisch zu Assimilation. Der Multikulturalismus wiederum führe zu einem praktischen Nebeneinander. „Convivenz“ betreffe das Leben auf einer mittleren Ebene, etwa Gruppe oder Gemeinde.
Dabei gehe es um das „Leben teilen, einander im Alltag begleiten“, um ein „wechselseitig voneinander Lernen“ und um das „miteinander Feiern als Verdichtung und Überstieg des Alltags“.
Engagierte Frauen in vielen Bereichen aktiv
Bei ihrem Rückblick auf das vergangene Arbeitsjahr berichtete kfb-Diözesanvorsitzende Melitta Toth von der Siena-Reise, bei der 54 Frauen aus der Erzdiözese Wien teilgenommen hatten. Katharina von Siena ist „die Patronin und Weggefährtin“ der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. An den zwei „Mutter-Kind-Wochen“ nahmen 25 Frauen und 50 Kinder teil. Unter dem Motto „einander begegnen“ wird es vom 8. bis 10. Juli 2015 eine Rad-Wallfahrt der kfb geben. Die Wallfahrt führt von Retz über Laa und Hollabrunn nach Stockerau/St. Koloman.
Am Nachmittag wurden in sechs Gesprächsgruppen sehr engagiert folgende Themen behandelt:
„Katharinen-Tag“, „Interkulturalität – Möglichkeiten für die kfb“, „Raum für Begegnung in unserer Gemeinde“, „kfb-Gruppen begegnen kfb-Gruppen“, „Begegnung durch Interkulturelles Kochen“ und „Begegnung nonverbal“. Köstliches gab es bei der Gesprächsgruppe „Interkulturelles Kochen“. Hier wurden lila Reis, Hummus, Quinua und rote Linsen verkostet. Viele nutzten den Tag auch zum Erfahrungsaustausch und zur Kontaktpflege.
Stefan Kronthaler/FV