Gott schuf den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. (Genesis 1, 27)
Neues Testament
Das ist mein Gebot: Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. (Johannes 15, 12-13)
Zur exegetischen Einführung
Der aus dem Alten Testament ausgewählte Bibelvers ist Teil des Schöpfungsberichts im Buch Genesis. Die Gottebenbildlichkeit wird dem Menschen im Mit-Sein, im Miteinandersein von Mann und Frau geschenkt.
Die Weitergabe des Lebens im leiblichen und geistlichen Sinn geschieht nicht durch den isolierten Einzelnen, sondern in „Lebensverbindungen“. Mann und Frau, Mensch und Mensch sind aufeinander verwiesen, um im Leben zu bestehen und zu einem geglückten Leben zu finden.
Die Bibel gibt uns über den Schöpfungsvorgang keinen historischen Bericht, sie macht keine naturwissenschaftlichen Aussagen darüber, sondern es handelt sich um heilsgeschichtliche Glaubensaussagen und theologische Auslegungen über die Beziehung zwischen Gott und Mensch, zwischen Schöpfer und Geschöpf.
Der neutestamentliche Text ist aus den Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium entnommen. Hier steht das „neue Gebot“ Jesu im Mittelpunkt, das im Johannesevangelium bereits beim Letzten Abendmahl von Jesus seinen Jüngern als Lebensweisung übergeben wurde (vgl. Joh 13, 34 f.).
Während dort darauf verwiesen wurde, dass die Liebe, die unter den Jüngern und Jüngerinnen das entscheidende Band sein soll, auch ihr Erkennungszeichen sein wird, wird die Aussage in Kapitel 15 noch gesteigert. Jesus, der selbst vor der Vollendung seiner Lebenshingabe steht, sagt seinen Jüngern, dass es keine größere Liebe gibt, als sein Leben für seine Freunde hinzugeben.
Seine Worte erfüllen sich in seinem Leben und sind Ausdruck der Hoffnung, dass auch die Jünger und Jüngerinnen sich in diese Lebenshingabe mit hinein nehmen lassen. Dieses „Gebot“ – diese Lebensweisung – Jesu ist als Einladung zu einem existentiellen Vollzug der Liebe zueinander zu verstehen, die das tiefste Fundament für gelungene Lebensverbindungen ist.
Spirituelle Impulse für die Fastenzeit
„Fasten“ kann, wenn auch vielleicht nicht gebräuchlich so gesehen, bedeuten, die eigene Zeit für andere zur Verfügung zu stellen, Besuche zu machen, Hilfe zu leisten, ehrenamtliche Aufgaben zu erfüllen und manches andere zu tun, das „Lebensbeziehungen“ zu verbessern hilft.
„Solidarisch leben“ braucht einige Umdenkprozesse und Informationen. Erst wenn man gesellschaftliche Vorgänge und Missstände durchschaut, lassen sich Wege zur Veränderung einleiten. Die Betrachtung der Bibel und das Gebet können einem die Augen für manchen Notstand öffnen und den Weg zu einem Wechsel in eine positive Richtung weisen.
Gesprächsimpulse für die Fastenzeit
Schlüsselsätze aus dem Text des Sozialworts – sollen von jedem/r der Teilnehmenden ausgewählt und kurz vorgestellt werden. Welche Aussage des Kapitels „Lebensverbindungen“ erscheint mir besonders wichtig und warum?
Anregungen für das Gespräch
Wie lässt sich in einer Zeit, in der die Scheidungsrate ständig zunimmt, von gelungenen Lebensverbindungen glaubwürdig reden? Wie kann man mit Menschen darüber sprechen, deren Beziehungen gescheitert sind?
Wie kann man Kindern, die zu Scheidungswaisen geworden sind, helfen, dass sie den Glauben an gelungene Lebensbeziehungen nicht verlieren?
Die gegenwärtige Zeit wird oft durch das vorrangige Streben nach individueller Selbstverwirklichung charakterisiert. Wodurch könnten neue Zugänge geschaffen werden, die zu einem Leben in Solidarität mit anderen motivieren?