Die Katholische Frauenbewegung Wien feiert 2025 ihr 80jähriges Bestehen. Vor 80 Jahren haben sich beherzte Frauen zusammengetan und begeistert etwas bewegt, das wir heuer feiern dürfen!
Mich trägt in unserer Umbruchszeit das Bild von dem ab- und ausgebrannten Stephansdom. Er wurde aufgebaut von dieser Generation, die unsere kfb gegründet hat.
Damals, nach Kriegsende, wussten die Menschen – nur durch Zusammenhalt können wir unser Österreich wieder aufbauen. Heute wird durch gezielte Spaltungsversuche unsere Demokratie und damit unser Zusammenleben wieder in Gefahr gebracht.
Vor und während des Kriegs wurde von Frauen gefordert, möglichst viele Söhne für den Krieg zu gebären. Heute wird von jungen Frauen gefordert, selbst am Krieg, am Morden, teilzunehmen.
Damals war Frauen vieles außerhalb von Kinder und Küche verwehrt. Heute wird in der Katholischen Kirche den Frauen noch immer Diakonat und Priestertum verwehrt.
Man könnte fragen, was gibt es dann heute zu feiern?
Wir haben als Katholische FrauenbeWEGung immer in Kirche und Gesellschaft mitgemischt. Seit Jahrzehnten sind wir für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ein- und aufgetreten. Unsere Aktion Familienfasstag – teilen spendet zukunft – verbindet uns seit 1958 mit den Frauen des Globalen Südens. Wenn wir die Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft fordern, müssen wir auch innerhalb unserer Religionsgemeinschaft für eine Gleichstellung in den Ämtern eintreten. Wir sind sonst unglaubwürdig!
Wie wollen wir gesellschaftlich etwas verändern, wenn bei uns selbst nach Jahrzehnten der theologischen Forschung noch immer nichts weitergeht? Die Gegenargumente sind nicht theologischer Natur sondern geschlechtlicher.
1992 fand die Erste Österreichische Frauensynode in Puchberg, Wels, statt. 1996 wurde die erste Europäische Frauensynode in Gmunden abgehalten. Hunderte Frauen aus ganz Europa kamen zusammen. Es war eine tolle Aufbruchsstimmung. Das war vor mehr als 30 Jahren!
Wie schaut es heute aus? Wir wurden und werden noch immer durch die kirchliche Hierarchie eingebremst. Viele Frauen, oft die engagiertesten, verließen enttäuscht die Katholische Kirche. Wir sehen, wie in Schwesterkirchen Frauen nicht nur zu Priesterinnen, sondern auch zu Bischöfinnen geweiht werden. Was macht das mit jungen Frauen?
Der bekannteste Satz von Karl Rahner „Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein, oder er wird nicht mehr sein.“ Ich ergänze: Auch die Christin der Zukunft wird eine Mystikerin sein – sein müssen! Dorothee Sölle schrieb in ihrem 1999 erstmals erschienen Buch „Mystik und Widerstand“, dass es die ersten Christ*innen vermieden, an der Kultur der circenses „Brot & Spiele“ teilzunehmen. Es war eine Form des Nein zur herrschenden Kultur, die heute Ähnlichkeiten zu damals aufweist.
Wenn sich heute Frauen weltweit zu Gebeten des Friedens treffen, werden sie oftmals ins weltfremde Eck gestellt. Aber Sölle, unser großes Vorbild, schreibt, „dass Mystik auch dort, wo sie sich extrem individualistisch gibt, der Gemeinschaft dienlich ist, ... indem sie heraus will aus der Privatisierung.“ „Die Gemeinschaftlichkeit Gottes bringt Menschen heraus aus der als harmlos angesehenen ‚rein religiösen‘ Betätigung,“ zitiert Sölle den flämischen Mystiker Ruysbroeck.
Dorothee Sölle betitelt ihr drittes Kapitel „Mystik ist Widerstand“ und führt dazu aus: „Das Gefängnis, in dem wir eingeschlafen sind: Globalisierung plus Individualisierung“. Gegen dieses „Gefängnis“ hilft eine Gemeinschaft, zum Beispiel die Katholische FrauenbeWEGung, eine kat-holische, eine all-umfassende, die unterWEGs ist mit jungen Menschen, die für die Zukunft aller Menschen auf die Straße gehen.
Wir sind nicht nur eine Arbeitsgemeinschaft, wir sind auch eine Feiergemeinschaft! Das war immer das Besondere an der KFB, in den KFB-Gruppen. Wir sind das Schwesternpaar Maria und Martha, solidarisch in unseren Handlungen. Unsere gemeinsame Besinnung auf Mystik bewahrt uns davor, in blinden Aktionismus zu verfallen. In Zeiten wie diesen ist Triumphalismus nicht angebracht, deshalb wollen wir in einem DANKgottesdienst gemeinsam innehalten in unserer Pilgerschaft.
Wir beWEGen uns weiter - im Vertrauen darauf, dass wir nicht alles allein tun müssen.
Ernie Novosel
Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung der Erzdiözese Wien
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.