Der Krieg war kaum zu Ende, als Herta Pammer gebeten wurde, am Aufbau einer Katholischen Frauenbewegung in Wien mitzuarbeiten. Anders als vor dem Krieg wurde diese aber 1945 als Gliederung der Katholischen Aktion gegründet.
Bis 1934 war die Katholische Frauenorganisation ein selbständiger Verein danach wurde sie in die neu gegründete KA und in das System der faschistischen vaterländischen Front eingegliedert, dadurch wurde sie ihrer Eigenständigkeit beraubt und 1938 ganz verboten. Sie existierte allerdings im Untergrund 1938 bis 1945 als auf die Kirchenräume beschränkte Gruppierung weiter.
Deshalb war es zu Kriegsende nicht schwer, in der Vereinsarbeit erfahrene Frauen zur Gründung einer Frauenorganisation zu motivieren. Adelige und großbürgerliche Frauen wie Gabrielle Thun, Mia Kielsmansegg, Herta Pammer und Dr.in Berta Wolf, waren es, die in Wien bereits im Herbst begannen, diese Aufbauarbeit zu leisten. Die Bischöfe wünschten sich, dass die kfb in jeder Pfarre tätig werden sollte und die Leitungsfrauen waren bestrebt, diesen Wunsch zu erfüllen.
Nach den materiellen und seelischen Verwüstungen, die das verbrecherische Regime und der Krieg hinterlassen hatten, war es für die Leitung der kfb sehr wichtig, den Frauen spirituellen Rückhalt zu geben und Bildung zur Lebensbewältigung zu vermitteln.
Mit der Gründung der gesamtösterreichischen kfb 1947 wurden auch die Möglichkeiten zur Vernetzung, umfassendem Austausch und gegenseitiger Stärkung erweitert. Es wurde die Zeitschrift „Licht des Lebens“ gegründet, aus der später die Welt der Frau hervorging und gemeinsame Bildungsaktivitäten gesetzt.
Von 1945 bis 1952 war Dr.in Berta Wolf Vorsitzende der kfb Wien, danach übernahm Hedwig Moritz bis 1957 dieses Amt. Ab 1957 war Herta Pammer Diözesanleiterin der kfb Wien und wurde gleichzeitig auch zur Vorsitzenden der kfbö gewählt. Sie drückte nun der gesamtösterreichischen Katholischen Frauenbewegung ihren Stempel auf.
Rückblickend erscheint es mir, war die Arbeit, die diese Frauen leisteten mit jener zu vergleichen, die unsere Projektpartnerin der Aktion Familienfasttag in den Ländern des globalen Südens in so bewundernswerter Weise schaffen: In einer moralisch und wirtschaftlich zerstörten Gesellschaft, Halt zu bieten. Es ging um Stärkung des Selbstwertgefühls und Grundschulung im Bereich Familie, Beruf, Bildung.
Eine starke Kraft in der Nachkriegskirche
In der Diözese Wien wurden Teilkreise „Arbeiterinnen“ „Land“ und „berufstätige Frauen“ gegründet. Nach dem Ungarnaufstand 1956 wurde bereits intensive Flüchtlingshilfe geleistet und 1957 in ganz Österreich die Aktion Familienfasttag, die zum Teilen mit den Ländern des globalen Südens aufrief und eine einmalige Erfolgsgeschichte der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geworden ist. Gleichzeitig wurde ein Stipendienprogramm für Studierende aus den Ländern des globalen Südens installiert. Dieses fand breite Unterstützung bei den Mitgliedsfrauen, die sich auch persönlich als Kontakt- und Betreuungspersonen einbrachten.
Das alles trug dazu bei, dass viele Frauen in der kfb die Welt mit offenen und kritischen Augen wahrnahmen. Es wurden Müttererholungswochen eingeführt und Mütterschulen installiert. Seniorinnen-Urlaube waren jedes Jahr eine gefragte Aktion. Bei der richtungsweisenden Wiener Diözesansynode, wo es um die Umsetzung des 2. Vatikanischen Konzils ging, war die kfb mit drei Frauen vertreten.
In den 70er Jahren änderten sich die Schwerpunktsetzungen. Maria Jesch, eine Frau, der Bildung besonders wichtig war, wurde zur Vorsitzenden der kfb-Wien gewählt. Um die Diözese organisatorisch besser handhaben zu können, wurden 1971 die drei Vikariate Stadt – Nord und Süd gegründet, was einen höheren Personal- und Mitteleinsatz erforderte. Die neuen Herausforderungen wurden von den Hauptamtlichen im Büro der kfb bravourös gemeistert und sie stellten sich beherzt den Fragen der Zeit.
War in den 50er und 60er Jahren die kfb trotz ihres Einsatzes für Frauen, von einem eher konservativem Welt- und Frauenbild geprägt - symptomatisch dafür das massive Engagement gegen die Fristenlösung und der „Kampf gegen Schmutz und Schund“ - öffnete sich nun die kfb vor allem in Wien neuen gesellschaftlichen Strömungen. Das internationale Jahr der Frau 1975 und die erste UNO-Weltfrauenkonferenz in Mexico im gleichen Jahr scheinen einen Wendepunkt zu markieren.
Im November 1979 fand das erste Treffen von Alleinerziehenden am Stephansplatz statt. Ingrid Piringer, selbst Alleinerziehende, engagierte sich dort mit viel persönlichem Einsatz. Nach Hilde Blaha wurde Mag.a Hedwig Gründler 1983 zur Vorsitzenden gewählt. Sie hatte ein besonderes Sensorium für die Fragen und Nöte der Zeit. Die Aktion Lattenrost, für Frauen, die durch alle sozialen Netze gefallen waren, wurde gegründet. Hedi Gründler war auch eine der Begründerinnen der erfolgreichen Selbstbewusstseins-Seminare, die von Johanna Dohnal übernommen und für die kfb-Frauen adaptiert wurden.
Eine wichtige Rolle spielten auch immer die geistlichen Assistenten, wobei ich vor allem Pater Josef Scherer besonders hervorheben möchte, der dieses Amt von 1976 bis zu seinem Tod 2006 innehatte und sich als kämpferischer Vertreter der Anliegen der Frauen erwies. Er bezeichnete sich als Feminist und hatte auch keine Scheu davor, das auch seinen kirchlichen Amtskollegen gegenüber zu vertreten. Eine besondere Stütze war er vor allem Frauen in schwierigen Lebenssituationen. Seine Nachfolgerin wurde Veronika Prüller-Jagenteufel als erste Frau in diesem Amt.
Öffnung für die Themen der Zeit
Die neue Frauenbewegung warf ihr Licht auch auf die kfb und sie begann sich in den 80er Jahren mit dem Thema Feminismus auseinanderzusetzen.
Dabei muss gesagt werden, es war vor allem die kfb-Wien, die schon wegen ihrer Beheimatung in der Großstadt dem Puls der Zeit näher war, die eine Vorreiterrolle eingenommen hat. Das richtige Maß zu finden, um die diözesanen Landfrauen und die anderen Diözesen auf diesen Weg mitzunehmen, war nicht immer einfach. Bereits 1980 kam es zu einem gemeinsamen Studientag mit der katholischen Männerbewegung unter dem Titel „Der Feminismus – eine Herausforderung für Mann und Frau“.
Motiviert von der Staatssekretärin für Frauen und späteren Frauenministerin Johanna Dohnal wurden gesellschaftspolitische Frauenthemen immer wichtiger und der gesellschaftspolitische Arbeitskreis der kfb-Wien widmete sich diesen Fragen. „Frauenkunst“ und „Gewalt gegen Frauen waren Hauptthema des Frauenfestes am Vorabend des Katholikentags mit Papstbesuch 1983.
Auch die Theologen kamen damals um das Thema Frauen und Kirche nicht herum, die Pastoraltagung1984 hatte „Frau-Partnerin in der Kirche“ zum Inhalt. Am Institut für Pastoraltheologie Wien entstand der Zusammenschluss der „Feministischen Theologinnen“ mit denen die kfb intensiv zusammenarbeitete. Die Beratungsstelle Tamar gegen Gewalt und Missbrauch wurde gegründet. Später folgte dann die Gründung des Frauenhauses Mistelbach.
Durch die Aktivitäten auf gesamtösterreichischer Ebene, getragen von der Vorsitzenden Ingrid Klein, wie dem Leitlinienprozess und vielen Großveranstaltungen, bekam die Frauenarbeit in der kfb Wien starken Rückenwind. Auch wurde der Dialog mit der Politik gesucht, davon zeugt die Veranstaltung im Wiener Rathaus „Der Staat – die Stadt – und die Frauen“ und diverse Veranstaltungen an der Wirtschaftsuni Wien gemeinsam mit Frau Prof.in Luise Gubitzer.
Das alles war nur möglich, weil die Frauen, die im Büro der kfb arbeiteten, diese Aktivitäten teilweise initiiert, aber vor allem mitgetragen und durchgeführt haben. Es waren die hauptamtlich tätigen Frauen, die sowohl den Kontakt zu den Mitgliedern in den Dekanaten und Pfarren hielten, die diversen Medien betreuten, aber auch die politische und anwaltschaftliche Arbeit vorantrieben. Die kfb verdankt ihnen viel, stellvertretend für alle, möchte ich Erna Neubrand, Ulli Schneider, Paula Rauch, Gertrud Hierzer und Anni van den Nest nennen. Es war auch ein Glücksfall, dass Margit Appel, jahrelange Generalsekretärin der kfbö, einige Jahre auch das Wiener Team verstärkte.
Veränderungen zeichnen sich ab
Langsam drehte sich allerdings der Wind. Trotz des Aufwinds, den die Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 für Frauenanliegen brachte, taten für die kfb Wien die Bischofsernennungen von Johannes-Paul II. ihre Wirkung.
Hat es unter der Vorsitzenden Paula Schönbichler und mit Hilfe des KA-Generalsekretärs Gerhard Lang noch große Unterstützung für die kfb gegeben, musste sich Hedi Baumgartner, von 1992 – 1998 Vorsitzende, bereits mit massiven Einsparungsforderungen auseinandersetzen. Die bedeutsamen Österreichischen und die europäischen Frauensynoden konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass mit dem Abschied von Kardinal König eine andere Ära angebrochen war.
Das Kirchenvolksbegehren 1995, das von Erneuerungsbestrebungen in der Kirche getragen war, wurde von der kfb unterstützt, änderte aber wenig an der weiteren Entwicklung. Die Gründung des Wiener-Frauen-Kirchen-Kabaretts, ebenfalls 1995 war ein äußerst erfolgreicher Versuch des Protests und der Selbstermächtigung gegen den Zeitgeist und leistete prophetische Bildungsarbeit was Kirche und Politik betraf. In Folge der ans Licht gekommenen Missbrauchsfälle und anderer Verfehlungen von Klerikern kam es zu massiven Kirchenaustritten, die Finanzen schrumpften, Leidtragende waren vor allem die gesellschaftspolitisch tätigen Organisationen innerhalb der Kirche, so auch die kfb.
Wie unersetzbar die kfb allerdings ist, zeigte sich auch im Zuge des fürchterlichen Kriegs anlässlich des Zerfalls Jugoslawiens, als die kfb bis in die kleinsten Dörfer hinein die Aufnahme von Flüchtlingen organisierte und viele kfb-Frauen dafür sorgten, dass Österreich einmal noch sein menschenfreundliches und solidarisches Gesicht zeigen konnte.
1998 wurde ich als Nachfolgerin von Hedi Baumgartner zur Vorsitzenden gewählt, die kirchlichen Querelen hatten ihr gesundheitlich so zugesetzt, dass sie sich aus der Leitungsfunktion zurückzog, sie in ihrer Frauengruppe aber weiterhin großartige Arbeit leistete. Aber auch politisch wehte ab 2000 ein kälterer und unsolidarischer Wind, die kfb stellte sich mit anderen kirchlichen Fraueninitiativen dagegen und wollte Mut machen, indem sie am Stephansplatz in Anwesenheit von Dorothee Sölle und Dolores Bauer eine prophetische Frauenmahnrede wider die Resignation öffentlich verlas. Zunehmend wurde auch der Umgang mit Umwelt und Artenvielfalt Thema in der kfb und der Arbeitskreis „Bewahrung der Schöpfung wurde gegründet.
Im Jahr 2003 gab es eine große Sternwallfahrt aus allen drei Vikariaten „Frauenwege in die Zukunft“ mit einem großen Abschlussgottesdienst im Stephansdom. Noch einmal demonstrierte die kfb ihre Stärke. Es war eine glückliche Fügung, dass im Jahr 2005 Melitta Toth die Leitung der Frauenbewegung übernahm - sie mit Ihrer Energie und ich mit meiner Erfahrung - konnten in intensiver Zusammenarbeit mit den Frauen im Büro gemeinsam einiges auf die Beine stellen.
Und so wurde anlässlich 60 Jahre kfb Wien im Herbst 2005 eine große Feier im Festsaal der Bank Austria gestaltet und wir feierten unseren Festgottesdienst im vollbesetzten Dom mit anschließender Agape im Zwettlerhof mit unseren Mitgliedsfrauen aus allen Teilen der Diözese.
Herausfordernde Zeiten
Aber die schwindenden Besucherinnenzahlen des wichtigsten Bildungsinstruments der kfb Wien, „kfb-mobil“ das einmal im Monat stattfand, waren ein Zeichen dafür, dass die kirchliche Frauenarbeit schwierig geworden war. Daran änderte auch nichts, dass immer wieder hochrangige Referentinnen, bis hin zu Johanna Dohnal eingeladen waren.
Das Thema Einsparungen wurden von der Wiener Kirchenleitung immer drängender ins Spiel gebracht. Das band viel Energie und kreative Kraft. Teure Beratungsunternehmen gaben einander die Klinke in die Hand, scheiterten aber an den doch sehr speziellen Strukturen der Kirche.
Dennoch waren die folgenden Jahre geprägt von unermüdlichem Engagement der Wiener kfb Leitung.
Ein zukunftsweisendes Projekt „innen-Räume“, das die kfb aus den Kirchenräumen heraus in die Gesellschaft führen sollte, wurde von der Amtskirche nicht bewilligt. Geplant war, der geänderten gesellschaftlichen Situation und religiösen Praxis Rechnung zu tragen und eine gastfreundliche und zukunftsweisende Kirche zu repräsentieren. Es sollten interkulturelle, generationsverbindend Begegnungsräume geschaffen werden. Trotz der Ablehnung des Projekts entstanden aus der Vorarbeit dazu viele gute Initiativen und Ansätze und eine reiche Bildungsarbeit.
Bei den mit bedeutenden Referentinnen gestalteten diversen Impulstagen und Bildungsveranstaltungen ging es häufig um die Rolle der Frauen in Wirtschaft und Gesellschaft. Es gelang sogar den brasilianische Staatssekretär Paul Singer zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Gemeinwohl-Ökonomie einzuladen. Viele Diskussionsveranstaltungen wurden organisiert z.B. wurde die kirchliche Ämterfrage mit Pfarrer Helmut Schüller und Prof. Regina Pollak erörtert und der Glaube in einer multikulturellen Gesellschaft gemeinsam mit Viola Raheb, einer palästinensischen Christin und Amani Abuzahra, einer islamischen Lehrbeauftragten zur Diskussion gestellt. „Frauenbewegung in Zeiten des Umbruchs“ wurden mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hossek, der kfbö Vorsitzenden Margit Hauft und der Journalistin Eva Rossmann diskutiert.
Die Aktion Familienfasttag war in der kfb Wien immer sehr wichtig. Wir konnten im Laufe der Jahre einen regen Austausch mit Projektpartnerinnen aus Indien, Nicaragua, den Philippinen, Kolumbien und Nepal halten. Dadurch hat sich die kfb Wien als weltoffene und solidarische Organisation etabliert und war eine anerkannte Partnerin im entwicklungspolitischen Dialog in Wien und ganz Österreich. Das gelang vor allem deshalb, weil sie ihren Slogan „teilen“ immer ernst genommen hat.
Aber auch die spirituellen und persönlichkeitsbildenden Impulse kamen nicht zu kurz. 2008 fand eine Fußwallfahrt nach Maria Schnee in der Buckligen Welt statt und 2015 eine Radwallfahrt im Weinviertel. Sommerfeste wurden gefeiert, und im Jahr 2009 die Sommerstudientagung der kfbö in Wien ausgerichtet. Viele Wiener Frauen nahmen auch an der Studienreise nach Siena im Jahr 2013 teil. Auch in den Vikariaten wurden viele spirituelle und gemeinschaftsbildende Impulse gesetzt. Eine wichtige Rolle spielten immer die politischen Nachtgebete zumeist in der Ruprechtskirche, die immer ökumenisch vorbereitet wurden.
Die Flüchtlingskrise 2015 mobilisierte nochmals die vernetzende Stärke der kfb, sodass sich viele Frauen in den Pfarren engagierten. Aber vor allem finanziell wurde es für die kfb-Wien immer enger. Das bot Konfliktstoff und wirkte sich auch auf den Zusammenhalt der Leitungsfrauen aus und so musste immer mehr Zeit für interne Auseinandersetzungen verwendet werden.
Ausblick
Abschließend kann ich nur sagen, dass ich die kfb als für die Frauen, die Kirche und die Gesellschaft besonders wichtige Organisation sehe, für die es sich besonders in schwierigen Zeiten zu kämpfen lohnt. Denn die Frauen in den Pfarrgemeinden brauchen eine impulsgebende und stärkende Gemeinschaft aber vor allem die Gesellschaft braucht die Kraft und die kritische Stimme einer Frauenorganisation, deren von befreiungstheologischer Spiritualität getragenes Engagement in dieser unversöhnlichen Zeit solidarische Zeichen setzen könnte.
Traude Novy
Quellen:
Festschrift der kfb – 60 Jahre Frauenpower 1945 – 2005
Rückblick auf 10 Jahre kfb Arbeit 2005 - 2015
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.