Die Mehrheit der Bevölkerung scheint ein gutes Sensorium für die eklatante soziale Ungleichheit in Österreich zu haben. Etwa zwei Drittel sprechen sich nämlich regelmäßig für Vermögenssteuern aus und sehen darin offensichtlich ein taugliches Instrument für eine Korrektur.
Die KABÖ zählt gemeinsam mit Gewerkschaften, Arbeiterkammer, Armutskonferenz und weiteren, zu den Initiator:innen. Die neu gegründete „Allianz für einen fairen Beitrag der Reichsten“ fordert alle politischen Parteien auf, in der nächsten Legislaturperiode höhere und progressive vermögensbezogene Steuern für die Reichsten umzusetzen.
Das Steueraufkommen daraus soll zumindest auf 10 Milliarden Euro steigen. Damit würde der Anteil am Gesamtsteueraufkommen auf den Durchschnitt der Industriestaaten (auf 5,6 Prozent) steigen.
In Österreich trägt der Faktor Arbeit derzeit noch überproportional zur Finanzierung des Sozialstaates bei. Es ist an der Zeit, dass auch die Reichsten mit ihrem Vermögen einen fairen Beitrag leisten. Wenn Vermögenssteuern in der Bevölkerung eine so große Zustimmung erfahren, dann wissen die Menschen offensichtlich recht gut, worum es geht und worum nicht. Wer ein Haus oder eine Wohnung für den Eigenbedarf nutzt, ist da nicht gemeint.
Es gibt einen enormen Bedarf an einem zukunftssicheren Sozialstaat. Wir wenden uns gegen ein Kleinreden von Vermögenssteuern in der aktuellen politischen Debatte. Es gibt einen großen Bedarf, unseren gut entwickelten Sozialstaat zukunftssicher zu machen und dabei auch neue Bedarfe zu decken, ob in der Pflege, in der Bildung oder bei den Kinderrechten. Auch die sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist eine Notwendigkeit und erfordert zusätzliche große finanzielle Anstrengungen.
Der europäische Vergleich zeigt, dass in anderen Ländern eine höhere Vermögensbesteuerung möglich ist. Wir sollten nachziehen und dieses Potenzial nicht ruhen lassen. Mit einem fairen Beitrag der Reichsten lassen sich notwendige soziale und ökologische Investitionen tätigen. Im Moment sehen wir allerdings auch sehr deutlich, dass es Kräfte gibt, die in die gegenteilige Richtung arbeiten und den Sozialstaat abbauen und schwächen wollen. Denn was sonst ist unter ‚Senkung der Abgabenquote‘ oder ‚Lohnnebenkosten-Senkung‘ – ohne gleichzeitige Einhebung von Vermögenssteuern zu verstehen?
Eine derart große Vermögenskonzentration, wie es sie in Österreich mittlerweile gibt, bedeutet auch eine Machtkonzentration in den Händen Weniger. Damit einher geht die Gefahr interessengeleiteter Einflussnahme auf wirtschaftliche und politische Entscheidungen und daraus ergibt sich wiederum ein demokratiepolitisches Problem. Es ist daher an der Zeit, diesen Prozess der Vermögens- und Machtkonzentration abzustoppen und stattdessen wieder die Demokratie zu stärken.
Im kirchlichen Dokument „Fratelli tutti“, heißt es, „Wenn jemand nicht das Notwendige zu einem Leben in Würde hat, liegt das daran, dass ein anderer sich dessen bemächtigt hat.“ (119)
Mit ihrem Aufruf „Wählen mit Mut, Vernunft und Zuversicht“ setzen wir in der KABÖ gemeinsam mit zahlreichen Persönlichkeiten und Organisationen im Wahljahr 2024 ein Zeichen für Demokratie und eine offene Gesellschaft. Dabei empfehlen wir die Katholische Soziallehre als Kompass. Wir unterstützen auch die Initiative „Demokratie und Respekt“, die die Stärkung der Werte und Institutionen der liberalen und sozialen Demokratie zum Ziel hat.
Allianz für einen fairen Beitrag der Reichsten
Die „Allianz für einen fairen Beitrag der Reichsten“ ist ein sehr breites und starkes Bündnis von aktuell 36 Organisationen aus vielen gesellschaftlichen Bereichen. Die KABÖ ist Mitinitiatorin, die Katholische Aktion Österreichs unterstützt. www.beitrag-der-reichsten.at
Anna Wall-Strasser ist Vorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer:innen Bewegung Österrreich