Drei am Runden Tisch
Sehr geehrte Frau Pawlicki,
herzlichen Dank, dass Sie das Thema Armut und Reichtum zur Grundlage eines Runden Tisches gemacht haben. Dennoch möchte ich ein wenig Kritik am Ablauf anbringen. Abgesehen davon, dass Herr Rosam das lebendige Beispiel dafür ist, dass das Wissen über Grundbegriffe der Volkswirtschaftslehre beim Erlangen großen Reichtums sichtlich nur hinderlich ist, hat es mich doch irritiert, dass Sie seine Sicht der Gesellschaft als feudale Oligarchie noch unterstützten, indem Sie den Vorschlag von direkter Unterstützung von 30 armen Personen durch die beiden Kontrahenten ins Spiel brachten. Ist doch diese Sicht der Verantwortung von Vermögenden gerade das, was uns von einem Sozialstaat hin zu einem feudalen Almosenstaat führt. Der Rechtsanspruch auf ein menschenwürdiges Leben darf doch nicht der Wohltätigkeit von Multimillionären anheimgestellt werden. Wenn Herr Rosam davon quasselt, dass die Gesellschaft dafür sorgen muss, dass es weniger Armut gibt, wäre die Frage, wer denn diese Gesellschaft ist, wenn er die Umverteilungskapazitäten des Staates, die ja erwiesenermaßen noch mehr Armut verhindern, total ablehnt. Und dass er 55 % Steuern zahlt, muss ja auch zurechtgerückt werden. Er zahlt nur 55 % von allen Einnahmen über einer Million und von den ersten 11.693,-€ so wie jede Bürgerin gar keine Steuer und sonst eben die entsprechenden Steuersätze und er zahlt wie alle nur 25 % Kapitalertragssteuer und die Mehrwertsteuer zahlt die Pensionistin mit dem gleichen %Satz wie er – aber wie gesagt, Wissen über Ökonomie ist nur hinderlich beim Erlangen großer Reichtümer.
Weiters hat Herr Rosam Ihnen versprochen 30 arme Personen unterstützen zu wollen. Es wäre nur recht und billig, wenn Sie da dran bleiben und dieses Versprechen von Ihm einforderten – denn reden kann jeder.
Ich bitte Sie, meine beiliegenden Briefe an Herrn Rosam und Frau Engelhorn weiterzuleiten
Mit freundlichen Grüßen
Traude Novy
Vorsitzende des Vereins JOAN ROBINSON – zur frauengerechten Verteilung ökonomischen Wissens
Sehr geehrter Herr Rosam,
mit großem Interesse habe ich Ihre Diskussion mit Frau Engelhorn verfolgt und dabei einiges gelernt.
Meine erste Erkenntnis war, dass volkswirtschaftliche Bildung nicht die Voraussetzung zum Erlangen großer Vermögen ist, oder könnte es sein, dass Sie diese Bildung zwar haben, Sie dieses Wissen aber aus interessensgeleiteten Gründen negieren? Jedenfalls ist Ihre Ablehnung des Sozialstaats, den der unverdächtige Helmut Schmidt als die größte Errungenschaft des 20. Jahrhunderts bezeichnete mit rationalen Gründen nicht zu erklären. Ohne die, zugegebenermaßen verbesserungswürdige Umverteilung des Staates wäre die Armut in Österreich um vieles größer, dazu müssten Sie nur die diesbezüglichen Studien befragen. Gott sei Dank sind wir vom feudalen Almosenstaat, der Ihnen sichtlich vorschwebt weggekommen und kommen auch hoffentlich nie wieder dorthin zurück.
Meine zweite Erkenntnis war, dass Ihre Diffamierungsversuche von Frau Engelhorn an dieser jungen Frau Gott sei Dank abgeprallt sind. Was soll die primitive Einordnung in Marxistin, Kommunistin, Schweben auf einer Wolke usw. wenn Ihnen die Argumente ausgehen. Ich dachte immer, Sie wären Politiker-Berater, also da würde ich mir schon mehr erwarten.
Drittens würde ich Ihnen empfehlen, mal all die Leistungen, die Sie vom Staat erhalten haben, von der Bildung über das Infrastrukturnetz, Gesundheitsvorsorge, Förderungen usw. an den Staat, den Sie ja ablehnen, zurückzuzahlen, da käme schon ein ganz schönes Sümmchen zustande. Außerdem würde ich Sie bitten, der Redlichkeit halber, Ihren Steuerbescheid mal zu studieren, Sie zahlen nämlich nur von den Einnahmen über 1 Million 55%, weil Sie die Steuersätze wie jede Bürgerin und jeder Bürger bezahlen, außerdem nur 25% auf Kapitaleinnahmen. Und die Mehrwertsteuer zahlen die von Armut betroffenen Menschen in gleicher Höhe wie Sie.
Viertens würde ich Sie noch bitten, mir mitzuteilen, wie sie die 30 unterstützungswürdigen Personen ausgesucht haben und mit welcher Summe Sie diese unterstützen wollen – Sie haben es ja vor laufender Kamera versprochen.
Mit freundlichen Grüßen
Traude Novy
Vorsitzende des Vereins JOAN ROBINSON - zur frauengerechten Förderung ökonomischen Wissens
Liebe Frau Engelhorn,
ich möchte Ihnen dafür gratulieren, wie Sie das peinliche Nichtwissen des Herrn Rosam über gesellschaftspolitische Zusammenhänge offengelegt haben. So ressentimentgeladen hätte nicht einmal ich ihn eingestuft. Dass er sich nicht mehr anders zu helfen wusste, als Sie als Marxistin und Kommunistin (in meinen Augen durchaus keine Schimpfwörter) diffamierte, ohne von Marx und dem Kommunismus die geringste Ahnung zu haben, zeigte deutlich, dass er Erklärungsnotstand hatte.
Ich bin so froh, dass es Frauen wie Sie gibt, die klug und gebildet sind und die wegen ihres wirtschaftlichen Status öffentlich auch gehört werden. Bleiben Sie weiter ein Ärgernis für all jene Überreichen, wie Herr Rosam einer ist, die dank Ihrer klaren Haltung und solidarischen Grundeinstellung humanistisch ziemlich nackt dastehen und das wahrscheinlich auch wissen.
Mit lieben Grüßen
Traude Novy
Vorsitzende des Vereins JOAN ROBINSON – zur frauengerechten Förderung ökonomischen Wissens
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.