Corona-Ostern
26. März – 1. April
Zum 2. Mal jetzt Ostern im lockdown. Noch vor kurzem hatte Wien im Vergleich zu anderen Bundesländern ganz geringe Infektionszahlen und jetzt schießen sie durch die Decke. Burgenland am Ende seiner Kapazitäten. Wie verbreitet sich dieses Virus und wie verändert es sich ständig? – wir die wir bis vor einem Jahr glaubten, alles im Griff zu haben, sind ratlos.
Da den Verantwortlichen nichts Besseres einfällt und es möglicherweise auch wenig Handlungsspielraum gibt, werden wir ab Gründonnerstag in Wien, Niederösterreich und Burgenland wieder in den harten lockdown geschickt.
Die Frühlingsmode bleibt wie schon die des Herbst und Winter wahrscheinlich wieder ein Ladenhüter. Aber ehrlich gestanden, schauen für mich die Kleidergeschäfte derzeit eh so aus, als hätte so jemand wie ich, seinen alten Kleider-Kasten geleert und dessen Bestände in die Auslage gehängt.
Die Wiese auf dem Weg zur Schnellbahn ist mit Bier- und Red-Bull-Dosen übersät. Da feiern Jugendliche in Ermangelung anderer Möglichkeiten. Was mich aber dennoch betroffen macht, ist der Umgang mit dem, was uns allen gehört, mit dem öffentlichen Gut. Wieso kommt niemand auf die Idee, seinen Garten mit Bierdosen vollzupflastern, aber mit all dem, was unser gemeinsames Eigentum ist, wird achtlos und verantwortungslos umgegangen? Dabei zeigt es sich ja gerade in der derzeitigen Beschränkung, wie wichtig öffentliche Räume gerade für all jene sind, die privat über wenig davon verfügen. Diese Räume der Zusammenkunft, wo man sich aufhalten kann, ohne dafür bezahlen zu müssen, gehören uns allen – getan wird aber so, als gehörten sie niemandem. Wenn wir nicht verstehen, dass unser Wohlergehen davon abhängt, wie achtsam wir mit unserem gemeinsamen Besitz umgehen, werden immer jene die Oberhand haben, die für Privatisierung des öffentlichen Eigentums eintreten.
Aber mit dieser öffentlichen Verantwortungslosigkeit sind die Jugendlichen nicht allein, sie herrscht sogar in den höchsten Regierungskreisen. Wie sonst wäre es möglich, dass mit dem gemeinsamen Vermögen der Bürgerinnen und Bürger, das von der ÖBAG (österreichische Beteiligungs AG) verwaltet wird, umgegangen wird, als wäre es eine Spielwiese für die Bereicherungs- und Machtgelüste junger Männer in staatstragenden Funktionen?
Die alte Polit-Ganoven Weisheit „Jedes Schriftl ist a Giftl“ hat sich Gott sei Dank noch nicht bis zu den kreativen Emoji-Nutzern unseres politischen Führungspersonals durchgesprochen. Dass SMS ein ähnliches Beweismaterial sein können, wie Aktennotitzen müssen sie jetzt leidvoll lernen.
Diese Einblicke in den digitalen Schriftverkehr lassen tief blicken. Da kann unser Bundeskanzlers, mit seiner dem jungen Kaiser Franz Josef nachempfundenen Haarpracht, noch so aristokratisch tun, seine mit Küsschen garnierten SMS entlarven ihn als einfach gestrickten, skrupellosen Machthaberer. Ein dem Koks-Konsum nicht abgeneigter Schmalspur-Wirtschaftslenker bastelt sich seine Jobs samt Salär gemeinsam mit dem Kanzlerdarsteller und dem den Finanzminister mimenden Möchtegern-Philosophen zurecht. Ihre der Fäkalsprache zugeneigte Ausdrucksweise entlarvt sie als Buben, die jetzt endlich über das Spielzeug verfügen, das sie dem Souverän bei Wahlen mit viel kindlicher Bauernschläue abgerungen haben und das ihnen von reichen Onkeln finanziert wird, solange sie dafür brav und folgsam ihre Interessen vertreten.
Dass sichtlich die Gewerkschaft auch mit im Boot ist – wer hätte das gedacht. Sozialpartnerschaft hatte in Österreich aber immer den Haut-Gout, dass sich der schwächere Teil vom Stärkeren seine Teilhabe abkaufen ließ. Österreich als Bananenrepublik zu bezeichnen, beleidigt diese zumeist fair gehandelte Frucht – wir sind eher eine Apfel, Birnen und 7-Zwetschkenrepublik.
Eine spezielle Form der Dreistigkeit dieser Buberlpartie zeigt sich im Umgang mit dem katholischen Kirchenpersonal. Da wurden ein Kardinal und der Sekretär der Bischofskonferenz frech, weil sie die Asylpolitik kritisierten und schon wurde ihnen der Schmid für eh alles geschickt, um Kürzungen staatlicher Zuwendungen anzudrohen. Die feixende SMS-Meldung nach erfolgter Tat, der Sekretär wäre zuerst rot, dann blass geworden und dann habe er gezittert, nahm der Kanzlerdarsteller mit „Super danke vielmals!!!!“ zur Kenntnis. Die kleine heuchlerische Genugtuung des Schmid, er hätte das klerikale Angebot eines Schnapses mit der Bemerkung abgelehnt, dass ja Fastenzeit wäre, soll den Kirchenmann zusätzlich blamieren und offenbart das pharisäische Grundverständnis von Religion solcher Leute.
Das alles könnte man noch in den Bereich des Schmankerlhaften abtun, hätten diese Disziplinierungsversuche Richtung Katholischer Kirche nicht sofort Früchte getragen. Denn nun kann ich verstehen, wieso der Sekretär der Bischofskonferenz die Katholische Sozialakademie, die der ÖVP schon lange ein Dorn im Auge war, zerschlagen hat – einen kleinen Gefallen kann man ja tun, damit die Finanzen nicht gefährdet sind. Außerdem lichtet sich jetzt auch der Nebel über die Vorgangsweise, jede kirchlicher Äquidistanz fallen zu lassen und der Politischen Akademie der ÖVP die kirchlichen Räume zur Präsentation eines Buches über deren Sicht der Katholischen Soziallehre, zur Verfügung zu stellen.
Das Fokussieren auf die österreichische Corona- und Innenpolitik vernebelt uns den Blick auf das, was sonst in der Welt vorgeht. Da hat sich ein riesiges Containerschiff im Suezkanal quergelegt und damit die weltweite Versorgung mit Gütern lahmgelegt. Nichts zeigt deutlicher die Auswüchse der Globalisierung, als unsere Abhängigkeit von der Containerschiffahrt, die wie der Blutkreislauf die Waren durch die Meere pumpt. Ohne diese Form des Warenverkehrs, wäre der globale Güteraustausch mit all seinem Irrwitz nicht möglich. Diese riesigen schwimmenden Lagerhäuser fahren zumeist unter obskuren Flaggen wie Liberia und Moldavia, damit sie sich weder an gültiges Arbeitsrecht, noch an sonstige Rechtsnormen halten müssen. Die enorm reichen Reeder agieren im halblegalen Bereich, aber niemand schaut hin, weil die globale wirtschaftliche Abhängigkeit von diesem Geschäftszweig enorm ist und sich der globale Warenaustausch nur durch diese halbkriminelle Form des Transports rechnet.
Ein wenig bekomme ich die Auswüchse dieses Wirtschaftens zu spüren, derzeit kann ich nirgends die für unseren Drucker passenden Patronen bekommen – weltweiter Lieferengpass.
Der Schacher mit den diversen Impfstoffen, die Preislizitationen der „erfolgreichen“ Länder zulasten weltweiter Impfchancen zeigt die Machtverhältnisse deutlich. Da stecken die Staaten Milliarden öffentlichen Geldes in die Forschung, um sich dann von den Pharmakonzernen an der Nase herumführen zu lassen. So wie das Gesundheitswesen insgesamt, müsste auch die Erzeugung von Medikamenten staatlich gesteuert werden, denn sie gehören zur öffentlichen Infrastruktur. Zumindest Transparenz wäre nötig, wer wieviel Geld in die Forschung steckt, wer die Gewinne macht und wer das alles zahlt.
2. – 6. April
Karfreitag – das ungewöhnlich warme Wetter, das innerhalb eines Tages die Marillen, Pfirsiche und Zierbäume zum Blühen brachte, schlägt, wie fast jedes Jahr zu Ostern, um – es wird empfindlich kalt.
Obwohl wir ja kaum Besuch bekommen können, kann ich die alten Rituale nicht lassen und backe Osterpinzen, Hasen und Lamm – allein der Duft beim Backen bessert meine Stimmung.
Dass zu Ostern nur eine Person in einen fremden Haushalt kommen darf, halte ich für eine ziemlich sinnlose Schikane. Jetzt da es für alle die Möglichkeit gibt, sich testen zu lassen, wäre es doch sinnvoller und leichter einzuhalten, wenn sich zwei getestete Haushalte treffen könnten. Die Vorgabe, sich vor Besuchen zu testen, würde mindestens genauso eingehalten, wie der Besuch von nur einer Person – kontrollieren kann man ja beides nicht.
Ad absurdum werden diese schikanösen Vorgaben für Privatpersonen noch dadurch, dass der Präsident der Industriellenvereinigung unwidersprochen sagen kann, das Masken-Tragen wäre in der Industrie nicht zumutbar. Belasten die Masken das Personal im Handel, im Gesundheitswesen, in den Schulen weniger? Auch hier wird oft schwere körperliche Arbeit geleistet. Aber da gibt es halt keine so mächtige Lobby.
Überhaupt vermisse ich die Strenge, die uns Privatpersonen trifft, gegenüber der Arbeitswelt. Ich habe noch keine Warnung des Gesundheitsministers gehört, in Werkstätten, Büros und Industriehallen besondere Vorsicht walten zu lassen. So kann es passieren, dass Arbeiter zu mir ins Haus stapfen, die nicht einmal eine Maske bei sich haben. Das ist nicht die Schuld dieser zumeist ausländischen Arbeiter, sondern die ihrer Vorgesetzten.
In meinem Umkreis ist noch keine der pflegebedürftigen Personen, die nicht mehr aus dem Haus gehen können, geimpft. Wie immer sind es die pflegenden Angehörigen, die sich damit herumschlagen müssen, keine Auskunft zu bekommen und damit noch zusätzlich schwer belastet sind. Davon wird nirgends gesprochen, wenn es um die Impfung von sogenannten vulnerablen Gruppen geht.
Ein eiskalter Karsamstag und Ostersonntag. Wir machen uns unser Osterfeuer im Kamin und schauen die Ostermesse im Fernsehen. Das schöne ist, dass wir stundenlang damit beschäftigt sind, Oster-WhatsApps in alle Welt zu schicken und zu bekommen, zu telefonieren und einander dabei Trost zuzusprechen. Was täten wir ohne diese Möglichkeiten?
Vor 5 Jahren haben wir Fawad zum ersten Mal in den Brauch des Eierpeckens eingeweiht – heuer ist er nicht da, um mit uns Ostern zu feiern, ich hoffe, er genießt die Zeit mit seiner jungen Frau. Aber wir vermissen es, dass da jetzt niemand mehr nach Hause kommt und uns freudig begrüßt und meinen Mann fragt, wie es ihm denn geht.
Die Oma meiner Enkeltochter in Brasilien ist am Karfreitag an Corona gestorben. Sie wurde geimpft, ohne zu wissen, dass sie schon infiziert ist. In Brasilien wütet die Epidemie und sie haben nicht einmal mehr genug Sauerstoff. Der brasilianische Mittelstand, der sich nicht damit abfinden konnte, dass einer aus der Arbeiterpartei sie regiert und ihre Sklavenhaltergesellschaft ein wenig gerechter machen wollte, bekommt jetzt auch die Rechnung dafür präsentiert, dass sie einen rücksichtslosen Egomanen zum Präsidenten gemacht haben. Mittlerweile wurde der der Korruption beschuldigten Ex-Präsident der Arbeiterpartei Lula rehabilitiert und die Justiz als Handlanger politischer und wirtschaftlicher Macht-Eliten entlarvt. Das hilft alles nichts, Brasilien ist in vordemokratische Zeiten zurückgefallen und hat die meisten Corona-Todesopfer zu beklagen, unter ihnen nun auch die geliebte Vovo Elsa.
Ostern ist vorbei, Schnee liegt bis in tiefe Lagen, die Obstbäume wie beim vorjährigen Kälteeinbruch in voller Blüte – wir werden sehen, was uns dieses Jahr noch bringt.
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.