Fasching, Fasten, Frauenquote
15. – 21. Februar
Sang- und klangloser Faschingausklang. Keine Bälle, virtuelle Kostümprämierungen in den Volksschulen – nur die Kleinen im Kindergarten spüren einen Hauch der närrischen Zeit. Allerdings ist unsere Zeit auf eine ganz andere Weise närrisch. Derzeit sind die wirklichen Narren jene, die ihren Mitmenschen ohne Maske zu nahe kommen. Das konnte man wieder im österreichischen Parlament sehen, wo sich die FPÖ Fraktion wieder mit Erfolg weigert, einen Mundschutz zu tragen. Dabei hätten viele ihrer Abgeordneten es bitter nötig, den Schaum vor’m Mund zu verdecken.
Wie schön wäre es, in Zeiten wie diesen souveränen politisch Verantwortlichen vertrauen zu können – aber leider! Leider kann ich Politiker und Wirtschaftskapitäne nicht ernst nehmen, die einander mittels Emojis ihre staatstragenden Nachrichten zukommen lassen. Wie die in Auswertung befindliche Handy-Korrespondenz des Finanzministers offenbart, bedankt man sich da mit Smiley-Küsschen und zeigt Stärke mittels Muskelspiel-Emoji, hie und da werden da auch noch Kraftausdrücke verwendet, die meinesgleichen in unserer altmodischen Art zwar manchmal auch über die Lippen kommen, die wir aber nie verschriftlichen würden. Interessant wäre schon, was z.B. unser Bundeskanzler während er gelangweilt bei Parlamentssitzungen anwesend sein muss, immer so in sein Handy tippt.
Noch viel bedenklicher ist es allerdings, wie die türkise Messagecontrol noch immer die Medien beherrscht. Auch eine eidesstattliche Erklärung lässt Zweifel daran bestehen, dass der Herr Prof. Novomatic Graf für einen Termin mit seiner Schwiegertochter deren Familiennamen im Kalender notiert – aber sei’s drum, das stand auch schon im Vermerk der Staatsanwaltschaft und ist für die Hausdurchsuchung bei Blümel irrelevant gewesen. Dennoch trommelt die türkise Mann- und Frauschaft diese Namensgleichheit der Schwiegertochter mit dem Kanzler als Beweis für die Fehleranfälligkeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Auch wenn sich Korruption nicht wird beweisen lassen, allein das Niveau der Korrespondenz zwischen Männern, die in unserem Land politische und wirtschaftliche Verantwortung tragen, ist entlarvend. Da wendet sich der Chef von Novomatic an Blümel (wieso an ihn? Er war damals Wiener Parteiobmann), damit er ihm bei einem Steuerverfahren in Italien hilft. Ich nehme an, dass die italienische Finanzbehörde nicht aus Jux und Tollerei 50 Millionen Nachforderungen an Novomatic geltend machen wollte – wieso helfen österreichische Parteifunktionäre einem gewinnorientierten Privatunternehmen beim Minimieren seiner Steuern im Ausland? Ist das gängige Praxis? Fänden wir das auch gut, würden z.B. Tschechien intervenieren, damit ihr Glücksspielkonzern Sazka bei uns weniger Steuern bezahlen sollte? – oder passiert das eh? Da kann sich unsereins nur wundern, die wir ja mit unseren Steuermitteln dafür aufkommen, dass das Gesundheitswesen und der Sozialstaat insgesamt halbwegs funktionieren. Und Italien bekommt massive Unterstützung von der EU, damit es nicht Pleite geht – gleichzeitig setzt Österreich sich dafür ein, dass Glücksspielkonzerne dort weniger Steuern zahlen – klingt ziemlich schizophren. Das nenne ich Privatisierung der Gewinne und Verstaatlichung der Verluste.
Ich bin begeistert von den Frauen der kfb, die trotz Corona nichts an Mut und Engagement verlieren. Es ist ja besonders traurig, dass gerade die Ärmsten überall auf der Welt unter der Pandemie am meisten leiden. So auch unsere Projektpartnerinnen, da ja ganz zwangsläufig weniger Spenden gesammelt werden können, weil es keine öffentlichen Veranstaltungen gibt. Statt der Suppenessen, kochen Frauen in ganz Österreich „Suppe to go“ und verteilen sie an öffentlichen Plätzen gegen eine Spende. Viele bringen auch die Fastenwürfel bis zur Haustür und sammeln sie dann gefüllt später wieder ein. Da zeigt sich sehr viel Engagement und eine solidarische Haltung, die hoffnungsvoll macht.
Alle, die mehr über die heurigen Aktivitäten zum Familienfasttag und auch über die Projekte wissen wollen, können sich auf der homepage www.teilen.at ja mal kundig machen. Außerdem gibt’s viele tolle Suppenrezepte, die Frauen von Katharina Strasser bis zu Margit Fischer zur Verfügung gestellt haben.
Der Wetterbericht meldet uns ständig, dass der Frühling Einzug hält – ja aber wo? Hier im Osten ist es nebelig und kalt und wir schauen doch ein wenig neidisch auf die Alpenregionen unseres Landes, wo es wunderbaren Schnee und Sonnenschein gibt. Apropos, am Samstag wurde die Piefke-Saga aus den 90er Jahren im Fernsehen wiederholt – das was da persifliert wurde, ist heuer anlässlich der Einschränkungen im Tourismus fast wörtlich von Tourismusfunktionären gesagt worden. Felix Mitterer – der Prophet.
23. – 28. Februar
Noch vor Tagen kam die Luftströmung, die unser Wetter machte, direkt vom Nordpol und übergangslos weht uns afrikanischer Wind den Saharastaub auf die Schipisten und auch bei uns im nebeligen Osten hat die Sonne gegen die trübe Suppe gewonnen. Eigentlich sollten uns die Frühsommertemperaturen mindestens so ängstigen, wie das Coronavirus, das nicht und nicht weichen will. Dennoch gewinnt trotz des Wissens um die Klimakrise die Freude, dass zumindest meterologisch die dunkle Zeit zu Ende geht, die Oberhand.
Ich war Zeit meines Lebens eine „Querdenkerin“ und habe dadurch oft auch viel auszuhalten gehabt. Aber ich konnte nicht anders, als selbst abzuchecken, was mir Autoritäten erklärt haben, soweit es sich um Dinge handelte, die dem sogenannten Hausverstand zugänglich waren. Mir wurde diese grundsätzliche Widerständigkeit als Mangel an Grundvertrauen erklärt und das wird schon stimmen. Dennoch bin ich nicht unglücklich über diese Haltung, sie bewahrt mich davor, Scharlatanen und Pseudoautoritäten auf den Leim zu gehen. Dass aber jetzt dieses Querdenkertum, das ja auch eine bürgerliche Tugend ist, in ein so schiefes Licht gerückt wird, kränkt mich. Es hat ein wenig damit zu tun, dass jene, die sich gegen die Coronamaßnahmen querlegen und auf die Straße gehen, es oft mit dem Denken nicht so wirklich haben. Sie agieren eher aus dem Bauch, indem sie für komplizierte Zusammenhänge einfache Lösungen und Sündenböcke suchen und gefunden zu haben glauben. Das sind lange tradierte gefährliche Verhaltensmuster.
Dennoch, Kritik an den Maßnahmen der Regierung und an den Vorgaben der maßgeblichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist nötig und darf nicht denunziert werden. Meiner Meinung nach war viel zu lange das Spektrum der beratenden Fachleute viel zu eng gefasst. Diese Pandemie ist eben nicht nur ein virologisches, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen und zeigt auf, was da auch vorher schon nicht gestimmt hat. Deshalb müsste derzeit viel mehr Aufmerksamkeit und Geld in jene Bereiche gelenkt werden, die für den Zusammenhalt der Gesellschaft unbedingt nötig sind. Zu den Menschen, die unsere Kinder und unsere Alten betreuen, in das Gesundheitswesen abseits der Virologie und Epidemologie. Wir Menschen sind eben keine Maschinen, die man abdrehen und wieder aufdrehen kann, wir sind Körper und Geist – Leib und Seele - und die wollen zusammengehalten werden. Nur deren Balance ermöglicht uns, gesund zu sein. Deshalb müssen therapeutische Fachkräfte endlich auf Augenhöhe mit Ärztinnen und Ärzten gesehen werden und diese Bereiche sollten mit sehr viel mehr Geldmittel ausgestattet sein. Es irritiert mich, dass die Therapeutinnen, die zu meinem Mann ins Haus kommen, noch keinen Impftermin bekommen haben. Wer braucht es dringlicher? Ein EDV-Mensch im AKH, oder eine Therapeutin in freier Praxis? Ich sehe schon ein, dass es eine große Herausforderung ist, die Impflisten zusammenzustellen, aber es zeigt trotzdem die Wertigkeit.
Mein Mann bekam jetzt einen Impftermin in einem Impfzentrum am anderen Ende der Stadt – das muss nicht sein, da ließe sich schon einiges einfacher organisieren, gerade für Menschen über 80. Das niederösterreichische System „first come - first serve“ ist allerdings auch nicht sehr an alten Menschen orientiert. Impftermine bekommen jene, für die Kinder und Enkelkinder die Anmeldung übernehmen und die schnelle Computer und gute Netzversorgung haben, die anderen schauen durch die Finger.
1. bis 7. März
Die Informationen über den Impftermin kommen mit einem mail mit dem „no reply“ Vermerk, also kann man darauf nicht reagieren. Deshalb habe ich zwei Tage mehr oder weniger damit zugebracht, für meinen Mann, der mittlerweile das Haus nicht mehr verlassen kann, die Impfung durch ein mobiles Impfteam zu bekommen. Zuerst war das System zusammengebrochen und der versprochene Rückruf kam natürlich nicht, dann hing ich stundenlang in der Leitung und bis ich endlich bei der Stelle für die Buchungen gelandet bin, wurde mir mitgeteilt, dass das System überlastet ist und ich es später versuchen solle. Sind unter den vielen Arbeitslosen nicht auch Menschen, die im Impfservice-Wien mithelfen könnten, dieses Service zu verbessern?
Die ersten warmen Tage habe ich genützt, um im Garten ein wenig nach dem Rechten zu sehen. Die Frühlingsblumen strecken schon ihre Blätter heraus und die Knospen an den diversen Büschen werden immer dicker. Mein eigentümliches Hobby, unzählige Klivien zu hegen und zu pflegen, damit sie uns mit ihren Blütenglocken den Frühling einläuten, hat sich wieder gelohnt. Die Blütenstängel quetschen sich schon zwischen den robusten Blättern hervor. Jedes Jahr verschenke ich davon einige blühende Exemplare und es werden dennoch nicht weniger. Das ist meiner Grundhaltung geschuldet, nichts verkommen lassen zu können – vom Brotscherzel bis zu den mikrigen Pflanzen. Wenn mich meine Kinder deswegen manchmal auslachen, rechtfertige ich es immer mit dem Satz „Ich bin halt ein Kriegskind“. Und daran ist was dran. Werden diejenigen, die jetzt Kind sind, später mal, wenn ihre Marotten deutlich werden, auch sagen „Ich bin halt ein Corona Kind“? Denn ich höre von vielen Großeltern, die sich Sorgen machen, weil ihre Enkel die Schule hinschmeißen, sich zurückziehen, Angstzustände bekommen. Das Virus wird unabsehbare Spuren in der Gesellschaft hinterlassen. Das können wir nur in einem guten Miteinander bewältigen. Ich erinnere mich noch an die enge Nachkriegs-Verbundenheit aller Nachbarinnen und Nachbarn in dem Mietshaus, in dem ich aufgewachsen bin. In meiner Erinnerung waren damals alle füreinander da, jede und jeder hat dazu beigetragen, dass das Leben weiterging. Werden wir mit unserer individualisierten Lebensform die derzeitige Krise auch solidarisch bewältigen können? Es wäre schön, wenn die Menschen in den Kirchen beispielgebend wären und die Quellen, die sie speisen, gesellschaftlich erfahrbar machen. Wenn ich das Engagement der Frauen in der kfb sehe, habe ich die Hoffnung, dass das gelingen kann.
Ich habe von einer Schriftstellerin gehört, die einen blog mit dem Titel „brainpicking“ schreibt. Ohne mir einen Vergleich anmaßen zu wollen, aber seit einem Jahr, als ich mit meinem Corona-Tagebuch begonnen habe, tue ich das gleiche – ich picke mir Gedanken aus meinem Hirn heraus und setze sie dann in Verbindung mit dem, was mir in meiner ziemlich eingeschränkten Lebenswelt begegnet. Das tut mir gut und eröffnet Schneisen in die Vergangenheit und Zukunft.
8. März – Internationaler Frauentag
Ich beobachte es immer ziemlich gespalten, wenn von den Frauen als Systemerhalterinnen gesprochen wird. Damit soll gesagt werden, dass unser System zusammenbrechen würde, wären da nicht so viele, die unbezahlte und schlecht bezahlte Sorgearbeit leisteten. Dennoch muss die Frage erlaubt sein – welches System wird damit erhalten? Erlaubt es nicht gerade diese oft unsichtbar gemachte Arbeit, dass noch immer die Illusion aufrecht erhalten werden kann, dass es die unsichtbare Hand des Marktes wäre, die unsere Gesellschaft lenkt und deshalb diese Pseudohand so mächtig ist? Gerade am internationalen Frauentag sollte die Frage erlaubt sein, wieso wir „Systemerhalterinnen“ widerspruchslos ein System erhalten, das auf der Arbeit der zwar sichtbaren sorgenden Hände aufbaut, aber deren Bedeutung für das Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft eher ignoriert.
In der Welt der unsichtbaren Hände des Marktes hingegen kann vieles sehr lange im Dunklen bleiben. Deutlich zeigt sich das wieder an den Vorkommnissen der letzten Tage. Die Verhaberung zwischen dem Gewinn orientierten Teil der Wirtschaft, der Politik und Teilen der Justiz ist bedenklich, auch wenn das wahrscheinlich nicht strafrechtlich relevant sein wird. Aber die freundschaftlichen Beziehungen zwischen diversen Ministern und Millliardären – wo man einander hilft, wo es nur geht, schaut nicht gut aus. Bedenklich finde ich es auch, dass ein Vertreter von Transparency International dann als Anwalt einen Exminister vertritt, der gerade des Mauschelns mit Freunden verdächtigt wird.
Dass die Frau des Finanzministers während der Hausdurchsuchung mit dem Laptop im Kinderwagen spazieren geht, fällt da schon eher in den Bereich des Kabarettistischen.
Dass die Parole „Österreich zuerst“ gerade bei der Produktion von Atemschutzmasken so atemberaubende Früchte trägt, hat sogar mich überrascht. Der Stempel „made in Austria“ auf chinesischen Masken lässt tief in die Seriosität renommierter Unternehmerseelen blicken. Sippenhaftung der Büroleiterin von Kurz wegen ihrer Masken verpackenden Verwandtschaft ist nicht angebracht – aber die Verhaberung ist auch hier nicht von der Hand zu weisen.
Das Interview der Frauenministerin anlässlich des heutigen Tages fällt dann schon wieder eher in die Kategorie ärgerlich. Okay, sie ist keine Feministin, aber muss sie deswegen vieles ablehnen, was Frauenorganisationen fordern? Quoten zum Beispiel? Die ewige Leier von der Höherqualifizierung von Frauen, um den Unterschied in der Bezahlung wettzumachen, ist lächerlich, angesichts der Tatsache, dass Frauen derzeit die höheren Bildungsabschlüsse haben als Männer. Ja, sie sind weniger in technischen Fächern vertreten – aber wieso ist die Bezahlung in diesen Männerdomänen so viel höher, als in Berufen, die vorwiegend von Frauen ausgeübt werden? Hat nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun, denn da müssten, angesichts der Nachfrage, Pflegerinnen Millionärinnen sein. Hat auch nichts damit zu tun, dass wir uns, wegen der Belastung für’s Budget, die soziale Arbeit nur unter Bedingungen von Ausbeutung und Selbstausbeutung leisten können, sondern eher damit, dass noch immer die Industriearbeit die Messlatte für wirtschaftliche Bewertung ist, wir aber längst in einer Dienstleistungsgesellschaft angekommen sind, wo es andere Kriterien für Wertschöpfung gibt. Wirtschaftlicher Erfolg kann nicht an Börsenkursen sinnvoll gemessen werden, sondern an dem Nutzen, den ein Unternehmen der Gesellschaft insgesamt bringt. Wenn man die gesellschaftlichen Kosten mitberechnet, so sind die österreichischen Paradeunternehmen Novomatic und Red Bull wahrscheinlich wesentlich weniger erfolgreich als unsere öffentliche Infrastruktur. Es ist eine gesellschaftliche Vereinbarung, wie und bei wem Steuergeld eingenommen und wie es verteilt wird. Deshalb wird sich erst etwas in Richtung Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern ändern, wenn wir Frauen uns mehr mit Budget- und Steuerpolitik beschäftigen. Das ist durchaus nicht langweilig, sondern höchst unterhaltsam, wie es die Wirtschaftswissenschaftlerinnen der Gruppe „Femmes Fiscales“ immer wieder beweist.
Zurück zum Internationalen Frauentag – wenn man mir Männerfeindlichkeit unterstellt, halte mich nach wie vor an das alte Kampflied der Frauenbewegung „Brot und Rosen“ wo es heißt:
Wenn wir zusammen gehen, kämpfen wir auch für den Mann,
weil unbemuttert kein Mensch auf die Erde kommen kann.
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.