Integration braucht beide Seiten – und einen langen Atem
Über 70 TeilnehmerInnen, unter ihnen ehemalige Entwicklungshelfer und Volontäre, beschäftigten sich einen Nachmittag lang mit der Frage der kulturellen und religiösen Pluralität und eines positiven Umgangs damit. Die Präsenz von Menschen mit anderen – oft traumatischen – Lebenshintergründen, Identitäten und Religionen, verändert unsere Gesellschaft. Wie gehen wir mit den Veränderungen um? „Im besten Fall kann die Erfahrung und Reflexion eines Auslandseinsatzes eine gute Basis für einen konstruktiven und menschlichen Umgang mit Pluralität darstellen“, so die Erkenntnis von Sarah Kusché und Florian Toth vom Bildungsteam Jugend Eine Welt. „Leben in einem pluralen interkulturellen Umfeld bedeutet immer auch an seine eigenen Grenzen des Verstehens des Anderen zu stoßen. Ohne Reflexion und Auseinandersetzung wird es schwer gelingen zu einem respektvollen Umgang miteinander zu finden“, so Martina Fürpass, Geschäftsführerin des Interkulturellen Zentrums in Wien.
Doch der Pluralität kann auch in extremen Positionen begegnet werden. Mit der Radikalisierung in der rechten Jugendszene und im Islam griffen Ramazan Demir, Imam, islamischer Religionspädagoge und Gefängnisseelsorger und Natascha Strobl, eine der AutorInnen des Buches „Die Identitären“ in ihrem Workshop ein höchst brisantes Konfliktthema auf. Demir, der in der Gefängnisseelsorge auch mit IS-Sympathisanten zu tun hat, hob hervor, dass Präventionsarbeit grundlegend ist, um Radikalisierung zu vermeiden. Doch stünden dafür bei weitem zu wenig öffentliche Mittel zur Verfügung. Natscha Strobl betonte, dass es intensiver persönlicher Betreuung bedürfe, junge Menschen, die in der rechtsextremen Szene eine Heimat gefunden haben, herauszuholen: „Bei 20 % gelingt es – das scheint nicht viel, doch es lohnt sich um jeden einzelnen zu kämpfen.“
Integration und Verständigung bedürfen Ausdauer, viel empathischem Kontakt und Kommunikation, das zeigten auch die Erfahrungen des interreligiösen Projekts „Dialog 16“ in Wien Ottakring. Dessen Initiator Wolfgang Bartsch kann auf 13 Jahre interreligiösen Miteinanders „in der Nachbarschaft“ zurückblicken: „Integration ist keine Einbahnstraße – es bedarf eines Aufeinanderzugehens von beiden Seiten.“
Dass der Umgang mit dem Fremden letztlich bei sich selbst ansetzen muss, war die Erkenntnis der TeilnehmerInnen des Workshops „Das Fremde in mir entdecken – meinem Clown auf der Spur“ von Constanze Moritz alias Clownin Gwendolin Grübel.
Die Veranstaltung klang mit einem musikalisch-spirituellem Cross-over aus: In seiner „Reise durch islamische Welten“ verband Galib Stanfel vielfältige musikalische Traditionen vom Iran über den Balkan bis hin zum alpenländischen Jodelgesang.
Ein gutes Miteinander in der Vielfalt ist möglich – Selbstreflexion, Begegnungsmöglichkeiten in einem gut bereiteten Rahmen, Offenheit auf beiden Seiten und auch eine Portion Humor und Improvisation können dabei eine wertvolle Hilfe sein. Das zeigte sich auch beim „Dialog für Eine Welt 2017“.
Für Rückfragen: Mag.Christian Zettl, Referat Weltkirche der Erzdiözese Wien, Tel. 0664/6101263, c.zettl@edw.or.at