WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Politik
  3. Ausland
  4. Iran: Selbst der Krieg in Syrien macht die Ajatollahs immer reicher

Ausland Iran

Selbst der Krieg in Syrien macht die Ajatollahs immer reicher

Revolutionsführer und Multimillardär: Ajatollah Ali Chamenei Revolutionsführer und Multimillardär: Ajatollah Ali Chamenei
Revolutionsführer und Multimillardär: Ajatollah Ali Chamenei
Quelle: dpa
Dem iranischen Regime gehören etwa 80 Prozent der Wirtschaft, von Baufirmen und Banken bis zu Fußballklubs. Aber auch Steuergelder fließen in die Taschen der politischen Elite – durch mehrere Tricks.

Die Wut der iranischen Demonstranten auf den Ajatollah Sadegh Laridschani ist groß. Denn der Chef der Justiz verfügt, so heißt es, über 63 Konten, auf denen er jährlich mehr als 56 Millionen Euro Schmiergeld deponiert. Aber längst richtet sich der Protest gegen das ganze Regime und die politische Elite, die immer reicher wird – während schätzungsweise bis zu 40 Prozent der Iraner unter der Armutsgrenze leben.

Dabei sehen die Statistiken gut aus. Laut Weltbank wuchs die Wirtschaft des Landes im Jahr 2016 um rund 13 Prozent, Ölexporte stiegen um 60, die Staatseinnahmen um mehr als 80 Prozent. Doch der Export anderer Produkte sank im selben Jahr um neun Prozent, die Arbeitslosigkeit stieg auf 12,6 Prozent.

Irans Wirtschaft hat „nur wenig Kapazitäten, um Arbeitsplätze zu schaffen“, so die Weltbank. Der Grund: Die Ajatollahs schränken den privaten Sektor drastisch ein und wirtschaften seit Jahrzehnten in die eigene Tasche.

Nur 20 Prozent des iranischen Bruttosozialprodukts (BSP) werden im privaten Sektor geschaffen. Das Problem entstand nach dem Krieg gegen den Irak in den 90er-Jahren. Damals sollten die Revolutionsgarden helfen, den Iran wieder aufzubauen.

Exklusiv für Abonnenten

Unternehmen der Pasdaran, wie sie im Volksmund genannt werden, errichteten Dämme, bauten Straßen und legten Schienen. Bei staatlichen Ausschreibungen erhielten sie den Vorzug, auch wenn sie teurer waren als private Konkurrenten.

Nach dem Amtsantritt von Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Jahr 2005 verschlimmerte sich die Lage noch. Durch eine „Privatisierungskampagne“ wurden staatliche Unternehmen im Wert von umgerechnet gut zwölf Milliarden Euro erzkonservativen Organisationen zugeschanzt: religiösen Stiftungen, Pensionskassen der Militärs und Geheimdienste, den Revolutionsgarden und dem Setad, dem „Hauptquartier für die Ausführung der Anweisungen des Imams“, das direkt dem Obersten Führer Ajatollah Khamenei untersteht.

Heute gehören Khamenei und den Revolutionsgarden rund 80 Prozent der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels.

Ahmadinedschads Nachfolger, der reformorientierte Präsident Hassan Ruhani, wollte gegensteuern. Schon 2013 bat er die Revolutionsgarden, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten zurückzuschrauben – vergebens. Allein die Baufirma Khatam-ol-Anbia, die den Pasdaran gehört, erhielt staatliche Aufträge im Gesamtwert von fünf Milliarden Euro. Die Omnipräsenz der Garden im Bankensektor verhindert das Wegfallen weiterer Sanktionen und hält internationale Investoren fern. So kann die private Wirtschaft nicht wachsen.

Exklusiv für Abonnenten

Zugleich sichern sich religiöse Institutionen große Teile des Staatshaushalts. Die Zuwendungen für das „Imam-Khomeini-Bildungs- und Forschungsinstitut“ des Hardliners Ajatollah Mohammad Taghi Mesbah-Jazdi in Ghom sind in diesem Jahr acht Mal so hoch wie vor zehn Jahren.

Anzeige

Die Gehälter der Vertreter Khameneis an den Universitäten wurden erhöht, die linientreuen Basidsch-Milizen bekamen ebenfalls kräftige Aufschläge. Der Militäretat stieg um 20 Prozent, wobei die Revolutionsgarden drei Mal so viel bekommen wie Armee, Luftwaffe und Marine zusammen.

Für die gesammelten Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus. So erhält die libanesische Hisbollahmiliz rund 700 Millionen Euro jährlich, palästinensische Terrororganisationen wie die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad erhalten nach israelischen Schätzungen etwa 120 Millionen Euro. Zugleich rüstet Teheran die Huthi-Rebellen im Jemen auf und bezahlt einen Teil des Gehalts der rund 100.000 Kämpfer schiitischer Milizen im Irak.

Syrien funktioniert im Grunde wie Geldwäsche

Doch in kein Land fließen mehr iranische Steuergelder als nach Syrien. Dort unterhält Teheran mehrere Milizen mit insgesamt 50.000 Mann, neben Tausenden Pasdaran, die dort seit Jahren kämpfen. Täglich liefern iranische Transportflugzeuge Syriens Präsident Baschar al-Assad Munition und Waffen.

Um Assad vor dem Bankrott zu retten, gewährte Teheran ihm darüber hinaus Kredite im Gesamtwert von mehr als 3,8 Milliarden Euro. Damit kauft er im Iran Öl – auf diese Weise gehen die Gewinne direkt an die Revolutionsgarden.

Gleichzeitig erwarben die Mullahs in Syrien Anteile am Telekommunikationsmarkt, exklusive Schürfrechte, Anteile an Kraftwerken im Wert von 550 Millionen Dollar sowie exklusive Weiderechte auf Tausenden Hektar Land. Und natürlich verdienen die Baufirmen der Pasdaran am Wiederaufbau Syriens.

Diese Projekte finanziert Damaskus mit Krediten aus dem Iran. So fließen iranische Steuergelder über Umwege in die Taschen der Ajatollahs und der Generäle, während die Armut im Volk wächst, weil der Staat Subventionen und Sozialhilfe kürzt. So schafft das Regime den sozialen Sprengstoff, der nun zu explodieren droht.

Khamenei beschuldigt das Ausland, die Proteste zu steuern

Bei Demonstrationen gegen die Regierung im Iran sind bereits mehr als 20 Menschen ums Leben gekommen. Die Schuldigen seien die Oppositionellen, sagt das Regime. Tausende Menschen gehen auf die Straßen.

Quelle: N24/Lukas Axiopoulos

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema