"Christlich geht anders": Nächstenliebe als Spiel
Die Initiative "Christlich geht anders" lud zum "gesellschaftspolitischen Spieleabend" in die Erzdiözese ein.
INNERE STADT. Die Pummerin im direkt gegenüberliegenden Nordturm des Steffls hat schon viel gesehen. Aber ein Treffen dieser Art, wie es Anfang Jänner im 6. Stock der Erzdiözese stattgefunden hat, hat es seit ihrer Weihe im Jahr 1957 wohl noch nicht gegeben: Vertreter der Katholischen Sozialakademie, der Katholischen Aktion, der Ordensgemeinschaften, der Katholischen ArbeitnehmerInnen-Bewegung, der Politik und der Medien waren samt vielen Interessierten aus der Ökumene gekommen, um das neu entwickelte Gesellschaftsspiel "Christlich geht anders - Das Spiel" kennenzulernen und auch gleich zu testen. Gebildet hat sich die Initiative "Christlich geht anders" 2016 aus katholischen, evangelischen und orthodoxen Organisationen, um zur gesellschaftlichen Lage Stellung zu beziehen und sozialer Ungerechtigkeit mit der Grundbotschaft des Christentums - Nächstenliebe - zu begegnen.
Was bedeutet "christlich"?
Dabei versteht man sich durchaus als lebendiger Kontrapunkt zu politischen Deutungen des Begriffs "christlich", mit denen soziale Härte begründet werden soll. Neben aktuell 2.645 Unterstützern aus der Zivilgesellschaft wird die Initiative unter anderem auch vom Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich, Landessuperintendent Thomas Hennefeld, den Spitzenvertretern der heimischen Ordensgemeinschaften, Abtpräses Christian Haidinger und Sr. Beatrix Mayrhofer, dem serbisch-orthodoxen Bischof Andrej Cilerdzic sowie zahlreichen Professoren der Theologischen Fakultäten getragen. Mit dem Salzburger Erzbischof Franz Lackner hat sich im Juni 2017 schließlich der erste katholische Bischof in Österreich der Initiative Christlich geht anders angeschlossen.
Gesellschaft spielen
Beim Spiel sitzen die Teilnehmer rund um einen großen Tisch und erwürfeln Aufgaben. Dabei müssen sie Begriffe darstellen, in Rätseln beschreiben oder kreativ darüber diskutieren. Wenn bei den Begriffen Fragen entstehen, kann man auch den in der Mitte sitzenden Experten Stephan Schulmeister um Erklärungen bitten. Die Begriffe stammen aus den gesellschaftspolitischen Zielen der Initiative: Solidarität mit den Schwachen, Absicherung des aktiven Sozialstaats und ein gerechtes Steuersystem sind angesichts der aktuellen ökologischen und sozialen Herausforderungen wesentlich für ein gutes Leben für alle in Frieden und sozialer Gerechtigkeit.
Ökonom Stephan Schulmeister gelang es, die Spielteilnehmer mit seinen Bonmots zur christlichen Solidarität nicht nur zu informieren, sondern auch angeregt zu unterhalten. So beantwortete er die Frage eines Teilnehmers, ob denn der Staat wirklich so viel sparen könne, wenn die soziale Unterstützung beschnitten würde, mit "Nein, denn nicht nur die Folgen für Einzelne, wie Depression oder Krankheit, sondern auch die unweigerlich folgenden sozialen Unruhen würden den Staat weit mehr Geld kosten, als die Notstandshilfe heute." Während des Spielens wurden noch viele weitere Themen angeschnitten. Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung, machte beim Thema Mindestsicherung darauf aufmerksam, dass "acht von zehn Mindestsicherungsbeziehern 'Aufstocker' sind, also lediglich eine Ergänzungsleistung von z.B. einer geringfügigen Beschäftigung auf insgesamt 837 Euro bekommen".
Nächstenliebe statt Hetze und Hass
Alle Teilnehmer waren sich einig darüber, dass man Flüchtlinge und andere Benachteiligte nicht für sozialstaatliche und andere politische Defizite verantwortlich machen dürfe. Hetze und Hass sei nicht nur abzulehnen, sondern entschieden entgegenzutreten. Gefragt sei Nächstenliebe. Das Spiel selbst wurde durchgehend gelobt - problematisch sei allerdings, dass nicht bei jedem Einsatz des Spiels ein Experte vom Kaliber Stephan Schulmeisters anwesend sein werde und viele Fragen so ungeklärt bleiben müssten. Am Schluss bemerkte ein Teilnehmer aus der Pfarre Lainz, dass die Ziele von "Christlich geht anders" nahezu identisch mit dem Programm von Papst Franziskus seien und meinte: "Wenn wir unsere Gesellschaft zum Positiven verändern wollen: Wann, wenn nicht jetzt - schließlich haben wir sogar den Papst auf unserer Seite!" Nähere Infos: Christlich geht anders
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