Sommerbuchtipps von KA Menschen und ein Kommentar von Traude Novy
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Juni 2024


 

Liebe Leser*innen!

 

Ich habe mich vor 2 Wochen sehr geärgert, nachdem der Wiener Bildungsstadtrat Wiederkehr beklagt hat, dass die muslimischen Kinder in den Volksschulen jetzt die größte religiöse Gruppe seien.

 

Leider gab es eine sehr polarisierende Interpretation der Daten aus der Bildungsdirektion.

 

Auf der einen Seite wurde von 35% islamischen Kindern gesprochen, als wären diese eine homogene Gruppe. Auf der anderen Seite wurden die christlichen Gruppen sehr wohl differenziert: 21% katholisch, 13% orthodox, 2% protestantisch, 2% andere (und 26% ohne Bekenntnis). Rechnet man alle christlichen Glaubensrichtungen sind auf einmal 36% christlich und 35% muslimisch.

 

Aber das ist noch nicht alles, denn es wurden nur die Kinder in den öffentlichen Schulen berücksichtigt. Die ca. 70 privaten Volksschulen wurden einfach ignoriert. Würde man alle einbeziehen, wären wir wohl eher bei ca. 40% christlich und 32 % muslimisch. Aber damit lässt sich halt viel schlechter Stimmung machen. Warum diese Zahlenspiele dann ein Argument für einen verpflichtenden Gegenstand „Leben in einer Demokratie“ sein sollen, weiß wohl nur Herr Wiederkehr.

 

Und damit bin ich beim Punkt, der mir wichtig ist: Wien ist inzwischen wieder eine Vielvölkerstadt geworden (wie sie es zuletzt am Ende der Monarchie war). Die Herausforderungen, die das bringt, haben wenig mit dem religiösen Bekenntnis zu tun. Aber sie haben viel damit zu tun, wieviel Geld man in Deutschkurse, ausreichend gut bezahlte Lehrer*innen und Elementarpädagog*innen etc. investiert. Und dabei lassen sowohl die Bundesregierung als auch die Stadt Wien massiv aus.


Investiert werden müsste auch in das Miteinander. 2012 haben viele KA-Gliederungen an der Wiener Charta mitgearbeitet, die eine Richtschur für ein gemeinsames Zusammenleben in Wien sein sollte. Heute ist sie auf den Seiten der Stadt Wien nicht mehr auffindbar. Sondern nur mehr im Archiv. Man hätte jetzt 12 Jahre Zeit gehabt, die Charta allen Neuankömmlingen in Wien zu überreichen, um ihnen zu zeigen, wie wir in Wien zusammenleben sollen. Stattdessen wurde sie einfach ins Archiv geräumt. So kann Integrationspolitik nicht funktionieren.

 

Ich möchte aber nicht nur über die Stadt klagen, sondern auch noch mal alle Menschen in den Pfarren – besonders in Wien – dazu ermutigen, sich im nächsten Arbeitsjahr wieder intensiver dem interreligiösen Dialog zu widmen. Laden Sie Menschen und Gruppen aus der Nachbarschaft Ihrer Pfarre ein, um sich gegenseitig besser kennenzulernen oder besuchen Sie andere Religionen. Je mehr man sich persönlich kennt und respektiert, desto weniger Problem gibt es. Die Abteilung Kirche im Dialog kann Sie dabei unterstützen. Z.B. mit der Workshop-Reihe „Vielfalt schätzen“. (Und unser KA-Süd-Vorsitzender Andreas Löffler kann Ihnen auch mit seinen Erfahrungen im Interreligiösen Forum Wiener Neustadt weiterhelfen ...)

 

Und für alle die klagen, dass es immer weniger katholische Kinder gibt, habe ich auch einen Tipp. Setzen Sie sich dafür ein, dass es in Ihrer Pfarre mindestens eine Gruppe der Katholischen Jungschar gibt. Die Jungschar ist eine niederschwellige Möglichkeit auch für nichtkatholische Kinder in der Pfarre anzudocken. Die Jungschar bietet für Neugründungen Unterstützung an (Und eine Danke an alle jene die es schon machen, denn allein in der Stadt Wien sind es 223 Gruppen in 75 Pfarren)

 

Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer, erholen Sie sich gut, denn im Herbst warten wieder viele neue Herausforderungen!


Ihr Reinhard Bödenauer

 

 

 

 
THEMA BUCHTIPPS

In diesem Sommernewsletter gibt es ausnahmsweise keine weiteren Kommentare, sondern Buchtipps (und einen DVD-Tipp) von Menschen aus der KA Wien. Bitte kaufen Sie das Buch in einer Buchhandlung in Ihrer Nähe. Wir wünschen eine angenehme Lektüre!

 


 

Sabine Kräutel-Höfer (Geistliche Assistentin der KA)

P. Martin Werlen. Baustellen der Hoffnung. Eine Ermutigung, das Leben anzupacken
Die Kirche als Baustelle sehen zu können, braucht vielleicht einiges an Überwindung, befreit jedoch von dem (unbewussten) Drang, alles an der Kirche schönreden zu wollen. An einer Baustelle sind unterschiedliche Menschen beteiligt mit ihrem je eigenen Spezialgebiet, es gilt trotzdem zusammen zu arbeiten und miteinander kreativ zu werden. So ist jede Baustelle (sei sie äußerlich oder innerlich) ein Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Obwohl wir alles, was ist, einer Baustelle verdanken, haben diese einen schlechten Ruf bei vielen Menschen – mit Kindern (und diesem Buch) können wir Baustellen neu sehen und schätzen lernen ...

 

 

Philipp Kuhlmann (KAB-Vorsitzender)

Bell Hooks. Alles über Liebe. Neue Sichtweisen

Ein spannendes Buch, das zum Nachdenken anregt. Das Thema ist die Liebe und eigentlich sollte unser Leben davon bestimmt und durchdrungen sein, wo doch Gott die Liebe ist und wenn wir sie nicht haben, sind wir nur dröhnendes Erz und lärmende Pauke. Bell Hooks wagt sich an dieses große Thema mit kritischen, wissenschaftlichen und nicht zuletzt persönlichen Sichtweisen. Ein wichtiges Buch in diesen Tagen, wo die einen vor dem Thema verstummen und andere nur noch zynisch reagieren. Große Empfehlung ...

 

 

Ernie Novosel (kfb-Vorsitzende)
Hartmut ROSA: Demokratie braucht Religion. Über ein eigentümliches Resonanzverhältnis

Was braucht diese Gesellschaft? Fähigkeit der Anrufbarkeit und Erfahrung der entsprechenden ergebnisoffenen Selbstwirksamkeit. Das heißt, sich berührbar machen, „sich-nackt-Machen“, verletzlich machen, dass in einer Gesellschaft der Konkurrenz riskant ist. Dazu braucht es eine bestimmte Haltung in entsprechenden sozialen und materialen Räumen. Religion hat eine Kraft, Ideenreservoir, rituelles Arsenal voller Lieder, Gesten, Räume, Traditionen, Praktiken, die einen Sinn dafür öffnen, was es heißt, sich anrufen zu lassen, sich transformieren zu lassen, in Resonanz zu stehen. Wenn die Gesellschaft das verliert, vergisst, ist sie erledigt ...

 

 

Dr. Ille Gebeshuber (KAV-Vorsitzende)

Manuel Herder (Hrsg). Was kommt. Was geht. Was bleibt.

Ich empfehle es, weil es kleine wohlschmeckende Pralinen an literarischen und intellektuellen Feinheiten enthält, die vielen Leserinnen und Lesern Freude machen ...

 

 

Margit Pröglhöf-Piriwe (KA-Vizepräsidentin)

Edith Löhle. Bible Bad Ass

Dieses Buch ist mir zufällig begegnet - mein örtlicher Buchhändler meinte, das sei etwas für mich. Eine junge Frau, die für Kirche nicht viel übrig hat, befindet sich plötzlich in einem Chat mit biblischen Frauenfiguren. Ein Buch das in kurzweiliger Art, den Finger in die Wunde der fehlenden Anerkennung von Frauen in der katholischen Kirche legt ...

 

 

Mirjam Gerstbach (Katholische Jungschar)

Jimmy Brainless. Im Schein der Pfütze

Ein großartiges, sprachgewaltiges Buch über Identität, Herkunft, Familie, Taiwan und Alltagskomik. Bitte unbedingt kaufen und den jungen Autor unterstützen ...

 

 

Andreas Löffler (KA Vikariat Süd Vorsitzender)

Richard Rohr. Reifes Leben
Rohr zeigt auf, dass Leben Entwicklung bedeutet. Alles ändert sich, auch der Zugang zum "erfüllten" Leben. Jugendlicher Elan und Initiative beginnen, bis dann Erkenntnis und "Erfahrung" zu unserem Inneren führen. Erfüllung zu finden, heißt nicht stehenbleiben, sondern weitergehen. Vom außen zum innen und wieder außen und wieder innen ...


 

Reinhard Bödenauer (KA-Präsident)

John von Düffel. Das Wenige und das Wesentliche
Mir gefällt, dass John von Düffel die Form eines Stundenbuches wählt und in diesem uns zu einer kontemplativen Wanderschaft anregt. Es ist auch die Sprache, die mich fasziniert hat: z. B. „Das Wenige ist die Methode, um das Wesentliche zu erkennen. Wenn das Wenige dem Wesentlichen entspricht, ist das Glück.“ Für den Konsumenten werden die Verheißungen der materiellen Wünsche immer neu entfacht. Dafür investieren wir unheimlich viel Ehrgeiz. John von Düffel setzt mit diesem Brevier ein Zeichen gegen den „Konsum-Sisyphos“, gegen den „Kreislauf des Mehr-Wollens“ ...

 

 

Marcel Kneuer (KA Vikariat Stadt Vorsitzender)

Barbara Kadletz. Schattenkühle

In Mödling soll ein Bürohaus in den Wienerwald gebaut werden. Ein Mitarbeiter der Stadt soll das Protestcamp räumen, was ihm aber nicht so leicht fällt. Auch weil auf einmal Joseph Schöffel, der Retter des Wienerwaldes, aus der Vergangenheit auf der Baustelle auftaucht. Sehr originell erzählte Geschichte rund um aktuelle gesellschaftspolitische Themen ...

 

 

Christoph Watz (KA-Generalsekretär)
Mein „Buch-Tipp“ ist eine brandneue Doppel-DVD: „Der automobile Mensch. Irrwege einer Gesellschaft und mögliche Auswege“.
Stadtplaner Reinhard Seiß bringt eine Vielzahl von positiven Beispielen, wo die „Verkehrswende“ schon heute in Österreich, Deutschland und der Schweiz gelingt! Und er bringt auch teils erschütternde, teils absurde Beispiele (z.B. Ost“Umfahrung“ Wiener Neustadt). Ganz oft muss man über so manche politische und unternehmerische Realitätsverweigerung und Schönfärberei den Kopf schütteln, aber zum Glück bringen einen die pointierten Kommentare im Film immer wieder zum Lachen. Die Erkenntnis: Es gibt im deutschsprachigen Raum Regionen & Städte mit guter Raumplanung und Verkehrspolitik. Aber: Es braucht engagierte Bürgerinnen und Bürger, die die Wende zu einer zukunftstauglichen Mobilität selbst einläuten müssen ...

 


 
MEINUNG

 

Der Ball ist rund. Traude Novy schreibt anläßlich der Fußball-EM über das Entstehen der Diözesansportgemeinschaft und wie wichtig diese (auf den ersten Blick nicht zu den religiösen Kernaufgaben zählenden) Aktivitäten sind ...

 

DIES & DAS


 

Philipp Kuhlmann ist Vorsitzender der Katholischen Arbeitnehmer*innenbewegung Wien. Hier stellt er sich vor und erzählt, was ihn persönlich und in der Kirche bewegt ...

 

Regina Petrik - ehemalige Vizepräsidentin der KAÖ - ist ab 1.9.24 neue KAÖ-Generalsekretärin.


Der Inspirationstag Laudato Si findet am 13. September in der Brunnenpassage statt.

 

Ein ausführlicher Artikel über die Statements der KAÖ zu Renaturierung und zur Städtetags-Demo in Wiener Neustadt gibt es bei ORF Religion.

 

Ein Video des Vortrags “Verrohung der Sprache” von  Sprachwissenschafterin Prof. Ruth Wodak gibt es beim Pfarrnetzwerk Asyl.

 

 

Katholische Aktion der Erzdiözese Wien

1010 Wien, Stephansplatz 6/5

 

Tel. +431515523312 | katholische.aktion@edw.or.at | www.ka-wien.at | KA auf Facebook

 

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