Ein absolutes Leben in Sicherheit wird es nie geben
Aber natürlich wird die FPÖ nicht nur von jenen gewählt, deren Lebens-Unzufriedenheit sich Hass und Hetze auf Schwächere als Ventil sucht. Die Bedrohung durch Corona macht Menschen, die Unsicherheiten nicht aushalten, ebenfalls anfällig für jene, die einfache Lösungen komplizierter Probleme anbieten. Die Regierung ist nicht ganz unschuldig daran, denn auch sie vermittelt oft, dass wir uns nur an die Regeln halten müssen und dann wird alles gut.
Nichts wird gut, wenn wir nicht lernen, vernünftig mit Bedrohungen umzugehen, wenn wir nicht lernen, dass es eine absolute Sicherheit im Leben nie gegeben hat und nie geben wird. Wenn wir wie das Kaninchen auf die Schlange nur auf die Zahlen der Neuinfektionen starren und nicht darauf, was wir im Umgang mit dem Virus dazu gelernt haben, sodass wir besser mit der Infektion umgehen können.
Ja, und eine gewisse Ehrlichkeit tut not. Wirtschaftlich wird sich einiges ändern müssen. Ich will nicht so zynisch sein, und die Krise als Chance zu bezeichnen, denn die ist es für viele Menschen definitiv nicht, aber manche Wirtschaftszweige sind ganz einfach anachronistisch und es wäre sinnvoll bei einem Neustart, die Umweltrelevanz und die soziale Bedeutung mitzubedenken. Die hypertrophe Luxushotellerie in Wien z.B. wird so und so nicht überleben – wer denkt an Rückbau? Über Jahrzehnte haben sich Investoren am Hotelbau in den großen Städten bereichert und den Tourismus oft zu einer echten Landplage gemacht. Davon können viele mit reinem Herzen Abschied nehmen.
Wie allerdings die dort Beschäftigten andere Jobs finden können, das ist die entscheidende Frage. Nicht die Ringstraßen-Hotels müssen wir retten, sondern das Leben der Menschen, die dort beschäftigt waren, denn mit dem Erfolgsmodell Großstadt-Tourismus wird über viele Jahre vorbei sein. Das gleiche gilt für die Flugbranche und das energiefressende und umweltbelastende Transportwesen. Handwerk, Pflege, Gesundheit, Bildung hingegen werden in Zukunft viele Arbeitskräfte brauchen. Da kommt dann immer die Frage: „Wer soll das bezahlen?“
Das kann kein wirkliches Problem sein, bei dem großen, allerdings schlecht verteilten Reichtum in unserem Land. Außerdem zahlen all diese Berufszweige zum Unterschied von Konzernen und Oligarchen pünktlich und ordentlich ihre Steuern und füttern so den Topf des öffentlichen Haushalts. Viele dieser Berufe werden vorwiegend von Frauen ausgeübt und brauchen auch aus Gerechtigkeitsgründen dringend eine Aufwertung.
25. – 30. September
Vorbei ist es auch mit dem Sommer – plötzlich ist es kalt geworden und es regnet in Strömen. Jetzt beginnt die harte Prüfung für unser Gemüt. Wir haben am letzten schönen Sonntag noch einmal unsere große Familie im Garten zusammengeholt, denn in den nächsten Monaten werden wir uns nur mehr in kleiner Formation treffen können. Das hat auch was für sich, denn da kommt man intensiver miteinander ins Gespräch – natürlich mit physischem und keineswegs sozialem Abstand!
Robert Menasse hat sich, so wie ich, vom Blümel-Plakat „Wien nach vorne bringen“ irritiert gefühlt und auf dessen Facebook-Seite einen Kommentar dazu abgegeben – wurde unverzüglich gelöscht, aber wie das halt so ist, gehen solche Löschungen nach hinten los, denn erst dadurch wurde der Kommentar auf vielen digitalen- und Zeitungsseiten abgedruckt.
Blümel entblödete sich nicht, die Löschung damit zu rechtfertigen, dass auf seiner Facebook Seite „NS-Gedankengut“ eben gelöscht würde. Dem Sohn eines NS-Opfers das zu unterstellen, indem man die Tatsachen ganz einfach verdreht, erinnert ein wenig an Donald Trump. Menasse fragte in seinem Post, ob das nach vorne bringen der ÖVP in Richtung des christlich-sozialen Politikers Lueger gehe, der mit seinem rabiaten Antisemitismus Wegbereiter Hitlers war - was historisch ja nicht zu leugnen ist. Diese Frage als „NS-Gedankengut“ zu bezeichnen, ist schon eine Chuzpe der besonderen Art – für wie blöd halten uns die juvenilen Massage-Controller?
1. – 4. Oktober
Als Politik-Junkies geben wir uns allabendlich die Diskussionen der Wiener Kandidatin und der Kandidaten zur Wahl am 11. Oktober. Man muss sich schon fragen, was für ein Land wir sind, dass jemand wie H.C. Strache so viel Raum bekommt, seinem Sprechdurchfall freien Lauf zu lassen und wo niemand Herrn Nepp auf seine volksverhetzenden Wahlplakate anspricht. Dass das Moderatorinnenteam Herrn Blümel die Rechtfertigung der Löschung von Menasses Beitrag auf seinem Face-Book account als Beseitigung von „NS-Gedankengut“ unwidersprochen durchgehen lässt, ist schon ein journalistisches Armutszeugnis.
Ich war zum erstenmal in meinem langen Leben auf der Hohen Wand. Der Ausblick von diesem Hochplateau ist atemberaubend. Wir sind am Rand des Felsabbruchs gewandert und haben den weiten Blick in die Ebene genossen und uns auf der anderen Seite die schon leicht verschneiten östlichsten Alpengipfel bewundert.
Irritierend war allerdings die „Engelbert Kirche“ die da oben steht. Sie ist dem „Märtyrerkanzler“ Engelbert Dollfuß von der „Vaterländischen Front“ gewidmet. Ich denke, sie befindet sich im Eigentum der Katholischen Kirche und es wundert mich schon, dass ich da keine, die Geschichte zurechtrückende Ergänzungstafel gesehen habe.
Ich denke, solange die Katholische Kirche nicht ihre falsche Haltung in der Zwischenkriegszeit aufgearbeitet hat, wird sie immer wieder gefährdet sein, autoritären politischen Tendenzen auf den Leim zu gehen. Sie müsste sich zum Beispiel heute sehr deutlich von dem Verständnis „christlich-sozial“ wie es Gernot Blümel vertritt, distanzieren, denn dieses Verständnis schließt leider an die christlich-soziale Vergangenheit der ÖVP im autoritären Ständestaat an – und da sollte die Kirche, im Bewusstsein dessen, was damals angerichtet wurde, deutlich widersprechen.
Nach langer Zeit war ich wieder auf einer Demo. Ich denke, es tut der eigenen Psychohygiene gut, in der Flüchtlingsfrage Farbe zu bekennen. Aber die sonst bei solchen Events übliche Freude, viele bekannte Menschen zu treffen, war ein wenig gedämpft – mit Maske erkennt man einander kaum.
Traude Novy
Der Kommentar ist die persönliche Meinung der Autorin/des Autors und muss nicht mit der Meinung der Katholischen Aktion der Erzdiözese Wien übereinstimmen.