Afrika:Wo mächtige Männer für Frauen Platz machen müssen

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Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf spricht mit Delegierten bei der Versammlung der Afirkanischen Union am Wochenende. (Foto: REUTERS)

Afrikanische Staaten werden meist von Männern regiert - bis jetzt. Immer mehr politische Ämter gehen an Frauen. Sogar im muslimisch geprägten Westafrika.

Von Isabel Pfaff

Was Frauen betrifft, gibt die Liste afrikanischer Staatschefs erbärmlich wenig her. Lediglich eine Frau haben die mehr als 50 Staaten Afrikas bislang zum Staatsoberhaupt gewählt, 2006 war das. Ellen Johnson-Sirleaf heißt die Präsidentin Liberias, und, abgesehen von der Übergangspräsidentin der Zentralafrikanischen Republik, ist sie immer noch die einzige Afrikanerin in einem solchen Amt. Kein besonders emanzipierter Erdteil, so erscheint es. Doch jetzt zeigt ausgerechnet das muslimisch geprägte Westafrika, dass die Vorbehalte gegenüber weiblichen Amtsträgerinnen offensichtlich sinken.

In den vergangenen Wochen haben drei Staaten - Guinea, Burkina Faso und Elfenbeinküste - bedeutende Ministerposten mit Frauen besetzt. In Guinea wird die 59-jährige Juristin Makalé Camara Außenministerin. Das Amt der Wirtschafts- und Finanzministerin übernimmt die 44-jährige Malado Kaba, die vorher für die Europäische Kommission tätig war. Sie muss eine Volkswirtschaft aus der Krise holen, die von den Folgen der verheerenden Ebola-Epidemie hart getroffen ist. Und in Burkina Faso wird Rosine Sori-Coulibaly, 58, Superministerin und kümmert sich um Wirtschaft, Finanzen und Entwicklung. Die Ökonomin hat schon für die UN gearbeitet und gilt als fähige Technokratin. Sie muss nun dafür sorgen, dass die noch junge demokratische Wende in ihrem Land nicht von der desolaten Wirtschaftslage gefährdet wird. In der Elfenbeinküste heißt die neue Ministerin für Planung und Entwicklung Nialé Kaba, eine in Paris ausgebildete Wirtschaftswissenschaftlerin, die seit vielen Jahren die Regierung berät und zwischen 2012 und 2016 bereits Wirtschafts- und Finanzministerin war.

Friedensnobelpreis für Johnson-Sirleaf und Gbowee
:Liberias unerschrockene Kämpferinnen für die Freiheit

Abgehackte Glieder, ungesühnte Morde und ein Land, in dem zwei Drittel aller Frauen Opfer sexueller Gewalt werden: Liberias Präsidentin Johnson-Sirleaf erhält den Friedensnobelpreis für ihren Kampf für Frauenrechte. Ebenfalls geehrt wird die Aktivistin Leymah Gbowee. Den Frauen gelingt, wozu die Männer in dem vom Bürgerkrieg zerrütteten Land unfähig sind: Frieden schaffen ohne Waffen.

Oliver Das Gupta und Kathrin Haimerl

Auch in Nigeria kommen Frauen an die Macht

Offen für Frauen an höchster Stelle zeigt sich auch Nigeria, Westafrikas Regionalmacht und größte Volkswirtschaft des Kontinents. Schon 2011 bildete die Regierung ein Kabinett, das zu einem Drittel aus Frauen bestand; sogar das bedeutende Öl-Ressort leitete eine Frau. Ganz so viele Ministerinnen ernannte der aktuelle Präsident im November nicht, nur sechs von 25 Ministerien haben eine weibliche Ressortchefin. Doch unter anderem das bedeutende Finanzministerium, schon vorher von einer Frau geführt, blieb in weiblicher Hand: Die 48-jährige Kemi Adeosun war zuvor Investmentbankerin und Finanzkommissarin im Bundesstaat Ogun. Als Ministerin steht sie vor einer Mammut-Aufgabe: Der Verfall der Ölpreise lässt die Staatsressourcen schrumpfen; Adeosun muss dringend neue Einnahmequellen auftun und das Steuersystem reformieren.

Selbst wenn sich Westafrika gerade hervortut: Auch in anderen Staaten des Kontinents erlangen Frauen zunehmend "harte" Posten. In Tansania wurde vor Kurzem die erste Vizepräsidentin des Landes vereidigt, Kenia und Botswana haben Außenministerinnen, Südafrika eine Außen- und eine Verteidigungsministerin. Insgesamt liegt die Frauenquote in afrikanischen Kabinetten südlich der Sahara mit knapp 20 Prozent über dem globalen Durchschnitt von 17 Prozent - und einige afrikanische Spitzenreiter wie Südafrika (42 Prozent) oder Ruanda (35 Prozent) schlagen Staaten wie die USA (26 Prozent) oder Deutschland (33 Prozent) locker. Außerdem hat in den politischen Systemen des Kontinents die Exekutive meist deutlich mehr Kompetenzen als die Legislative - verglichen mit den meisten Staaten Westeuropas. Ein steigender Frauenanteil in den Kabinetten Afrikas ist deshalb bedeutender als in vielen anderen Teilen der Welt.

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