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Wirtschaft Überfischung

Das Mittelmeer vor dem „point of no return“

Lachs womöglich bald teurer

Lachs ist der beliebteste Fisch in Deutschland. Doch nicht nur hier, sondern weltweit steigt die Nachfrage. Jetzt kommt allerdings ein dramatischer Rückgang der Fangmengen hinzu.

Quelle: Die Welt

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Rund 93 Prozent der Mittelmeerbestände sind überfischt. Für die Anrainerstaaten, die vom Fischfang leben, und für die Umwelt kann das dramatische Folgen haben. Jetzt haben sie die Notbremse gezogen.

Dorade royale, Sardinen frisch vom Holzkohlengrill, Tintenfisch mit oder ohne, dazu ein weißer oder roter Hauswein: Für viele Deutsche gehört frisch gefangener und landestypisch zubereiteter Fisch zu einem gelungenen Urlaub am Mittelmeer dazu.

Und auch für die vielen Küstenbewohner sind Fisch und Krustentiere aller Art alltägliche Lebensmittel. Neben kalt gepresstem Olivenöl sowie frischem Gemüse ist viel Fisch die Grundlage der von vielen Ernährungsexperten hochgelobten weil herzschonenden, mediterranen Ernährungsweise.

Doch damit könnte bald Schluss sein – wenn in der Fischerei nicht bald radikal umgesteuert wird. Denn 93 Prozent der Bestände im Mittelmeer sind bereits überfischt. Einige Arten wie Schwert- oder Thunfisch stehen kurz vor dem Aussterben. Das ist das Ergebnis einer wissenschaftlichen Studie, die die Europäische Union (EU) jüngst vorgestellt hat.

Die Überfischung hat dramatische Folgen: Die Existenzgrundlage und Ernährungssicherheit vieler Menschen an den Küsten des Mittelmeers in Europa und Nordafrika sind bedroht – ebenso wie politische Stabilität und Sicherheit. Denn viele Küstenbewohner leben vom Fischfang. Und dieses Geschäft wird immer härter.

Die größten Rückgänge im westlichen Mittelmeer

Das Mittelmeer hat allein in den vergangenen 50 Jahren 41 Prozent seiner Meeressäuger und 34 Prozent seiner gesamten Fischbestände verloren. Die größten Rückgänge sind derzeit laut dem Gutachten im westlichen Teil des Mittelmeers und in der Adria zu beobachten.

Mit neuer Technik gegen illegale Fischerei

Noch immer arbeiten viele Männer in Südostasien als Sklaven der illegalen Fischindustrie. Eine neue Technik soll nun zum ersten Mal Kriminelle und Piraten überführen.

Quelle: N24

Zwar leben immer noch bis zu 12.000 unterschiedliche Arten im Mittelmeer, „aber diese außergewöhnliche Vielfalt ist in großer Gefahr“, schreibt die EU-Forschungsstelle. Diese Artenvielfalt sei bedroht durch Umweltverschmutzung, Klimawandel und Überfischung. Es existiere ein ernsthaftes Risiko, dass die menschlichen Aktivitäten das Ökosystem Mittelmeer über den „point of no return“ hinaus schädigen könnten, schreiben die Wissenschaftler.

Die EU-Kommission jedoch hat lange untätig zugesehen und – anstatt Fischbestände zu schützen – immer neue Subventionen für den Aufbau riesiger Trawlerflotten freigegeben. Doch angesichts der dramatisch schrumpfenden Bestände und der sich unter anderem durch die Flüchtlingskrise zuspitzenden politischen Lage in Nordafrika scheinen sich Europas Politiker nun zu besinnen.

Vergangene Woche haben sich die Verantwortlichen von 13 Mittelmeerstaaten auf der Insel Malta auf ein zehnjähriges Arbeitsprogramm namens MedFish4Ever verständigt, um die Fischbestände zu schützen und gleichzeitig die kleinen Fischereibetriebe zu unterstützen. Die Erklärung sieht die Entwicklung mehrjähriger Bewirtschaftungspläne für die Fischerei vor.

Das Mittelmeer ist ein einzigartiger Lebensraum

Das ist dringen nötig, um das laut EU weltweit einzigartiges Meeresbecken zu erhalten. Die Fischerei am Mittelmeer bietet Arbeitsplätze für mehr als 300.000 Menschen. Ein Großteil der Fischer verfügt nur über relativ kleine Boote, die meist nicht länger als zehn Meter sind. Diese machen zwar 80 Prozent der Flotte aus, doch sie bringen nur 25 Prozent der Gesamtfänge an Land. Den Rest fangen die großen Trawler, und zwar nicht selten illegal. Deshalb hat sich die EU als erstes Ziel vorgenommen, die illegale Fischerei bis 2020 zu unterbinden.

Quelle: Infografik Die Welt
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Bis dahin sollen außerdem Daten zum Zustand aller wichtigen Bestände vorliegen. Das ist eine Voraussetzung dafür, ein ähnliches Fischfang-Quotensystem wie in Nord- und Ostsee installieren zu können. Für diese legen derzeit die zuständigen EU-Minister jedes Jahr zulässige Gesamtfangmengen fest. Zuvor gibt die Kommission Empfehlungen auf Grundlage wissenschaftlicher Gremien ab, die den Zustand der einzelnen Bestände untersucht haben.

Über die Gesamtfangmengen wird bestimmt, wie viel Fisch jedes Jahr aus dem Meer gezogen werden darf. Die Mengen werden dann in Form nationaler Quoten unter den EU-Staaten aufgeteilt. Wenn das in einer Quote erlaubte Kontingent ausgeschöpft wurde, muss das jeweilige Land seinen Fischfang in der Region vorübergehend einstellen.

Wendepunkt für die Zukunft der Fischerdörfer

Der für Umwelt, maritime Angelegenheiten und Fischerei zuständige EU-Kommissar Karmenu Vella zeigte sich nach dem Treffen auf Malta angesichts der Einigung erleichtert. Die anwesenden Minister aus Europa und Nordafrika hätten Willen gezeigt „zu konkreten Maßnahmen in Bezug auf die Fischerei und andere sich auf die Fischereiressourcen auswirkende Tätigkeiten, die blaue Wirtschaft, die soziale Inklusion und die Solidarität zwischen den nördlichen und südlichen Anrainerstaaten des Mittelmeers“. Er hoffe, dass diese Erklärung als Wendepunkt angesehen wird, hin zu einer „vielversprechenden Zukunft für Fischer, Küstengemeinden und Fischereiressourcen“, erklärte der maltesische Politiker.

Quelle: Infografik Die Welt

Das hoffen auch Nichtregierungsorganisationen wie Oceana. Nach einer Studie des Fischforschers Rainer Froese vom deutschen Geomar-Zentrum für Meeresforschung in Kiel im Auftrag der NGO könnten in ganz Europa rund 57 Prozent mehr Fische problemlos gefangen werden, wenn die Bestände dauerhaft nachhaltig gemanagt würden.

Die Mittelmeer-Erklärung sei ein „historischer“ Schritt in die richtige Richtung, erklärte Lasse Gustavsson, Direktor bei Oceana. Falls es den beteiligten Staaten wirklich gelinge, die Fischbestände nachhaltig zu managen, sehe er großes Potenzial für „mehr Jobs und wirtschaftliches Wachstum“.

Deutsche See verkauft keinen Fisch aus dem Mittelmeer

Die EU will laut Vella nun vor allem nachhaltige, handwerkliche Fischerei und Aquakultur am und im Mittelmeer fördern. Finanzierungsprogramme für lokale Projekte wie etwa eine Modernisierung der Flotte mit schonenden Fanggeräten und -techniken sowie die Beteiligung der Fischer am Umweltschutz sollen unterstützt werden.

Vielleicht gibt es dann auch irgendwann wieder frischen Fisch aus dem Mittelmeer in Deutschland zu kaufen. Der Markt wäre da. Die deutschen Verbraucher gehören weltweit zu den größten Fischessern, Ware für über sechs Milliarden Euro wird jährlich importiert.

Frischer Fisch aus dem Mittelmeer ist derzeit aber fast nie darunter. Der größte Frischfischhändler Deutschlands, die Deutsche See, verzichtet schon seit längerem auf den Import von Frischware aus dem Mittelmeer. „Wir haben uns aus Nachhaltigkeitsgründen dazu entschieden, ganz bewusst keinen Fisch aus den bedrohten und viel zu stark genutzten Mittelmeerbeständen zu handeln“, sagt Sprecherin Martina Buck der „Welt“. Es gebe gute Alternativen: „Makrelen bekommen wir beispielsweise aus Island, Thunfisch von den Malediven und Sardinen aus einer zertifizierten Fischerei an der iberischen Küste.“

Argentinische Marine versenkt chinesischen Trawler

Die argentinische Marine hat einen chinesischen Trawler wegen illegaler Fischerei versenkt. Das Boot war in argentinischen Gewässern unterwegs und ignorierte sämtliche Warnungen der argentinischen Marine.

Quelle: Die Welt

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