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Trumps Somalia-Strategie: Mehr Bomben, mehr Truppen

Foto: U.S. Air Force

Trumps Anti-Terrorstrategie Weltweit Bomben

US-Präsident Donald Trump jagt weltweit Islamisten. Dem bettelarmen Bürgerkriegsland Somalia brachte das 2017 zum Beispiel fast drei Dutzend Drohnenattacken ein. Und das war wohl erst der Anfang.

Bislang liest sich Donald Trumps außenpolitische Zwischenbilanz wenig erfolgreich: Der US-Präsident verantwortet den hitzigen Atomstreit mit Nordkorea, eine diplomatische Eiszeit mit Iran und die weltweite Isolation seines Landes in der Weltklimapolitik.

Fernab der Heimat gelingt Trump hingegen eins recht effektiv: Er führt erfolgreich Krieg, zumindest wenn man Erfolg in geflogenen Attacken und verschossenen Raketen messen möchte. Sehr gut zeigt sich das am Beispiel Somalia: Im vergangenen Jahr flogen die USA nach Armeeangaben 35 Attacken gegen Islamisten am Horn von Afrika, die meisten davon in der zweiten Jahreshälfte und mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2016.

Dahinter steckt ein Strategiewechsel, der sich schon kurz nach Trumps Übernahme der Amtsgeschäfte andeutete: Die USA gehen zwar seit Jahren international gegen die Schabab und andere Islamisten vor. Neu ist aber die hohe Frequenz der Luftschläge und ein verstärktes Engagement am Boden. Die Zahl der US-Soldaten in Somalia wurde stark erhöht, mittlerweile sind 500 Kräfte stationiert.

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Trumps Somalia-Strategie: Mehr Bomben, mehr Truppen

Foto: U.S. Air Force

Bis zu Trumps neuem Somalia-Kurs waren US-Truppen am Horn von Afrika lediglich verdeckt oder zur See gegen Piraten eingesetzt. Das Trauma von 1993, als die Islamisten einen toten Soldaten an einem Fahrzeug angebunden durch Mogadischu schleiften, saß zu tief.

Bereits Mitte Oktober unterzeichnete Trump außerdem ohne viel mediale Aufmerksamkeit den ersten neuen Plan zur globalen Terrorismusbekämpfung. Thema auch hier: Somalia. Laut "New York Times" enthielt das Dekret eine Ausnahme für die Neubesetzung strategischer Posten in den folgenden 24 Monaten für die Somalia-Mission.

Indirekt bedeutet das: Kurs halten und weiter bomben. Ende November dann krachten US-amerikanische Geschosse in ein Schabab-Trainingslager. Offiziell sollen dabei mehr als 100 Extremisten getötet worden sein. Und kurz nach Neujahr sprengte ein Drohnenangriff laut Pentagon angeblich eine zündfertige Autobombe samt Fahrer kurz vor einem Attentat.

Somalia soll keine "Feuer-frei"-Zone werden, mahnt ein Militär

Trump ist in Somalia offenbar so erpicht aufs Islamistenjagen, dass ihn sogar seine Militärs bremsen müssen: Eine Sprecherin von US-General Thomas Waldhauser, Kommandeur der Truppen in Afrika, wies auf Nachfrage der Times im Dezember erneut auf eine frühere Einlassung ihres Chefs hin. Damals hatte Waldhauser erklärt, Somalia dürfe keine "Feuer-frei"-Zone werden. Es müsse sichergestellt sein, dass die "hohen Ansprüche an Präzision, die früher galten, sich nicht verändern". Künftige anders lautende Entscheidungen des Pentagon könne sie nicht kommentieren, so die Sprecherin.

Mit früher ist gemeint: unter Trumps Amtsvorgänger Barack Obama. Bis dahin war für die USA klar, dass es sich bei Somalia um ein "gefährliches Gebiet" handelt. Das bedeutet: Bodentruppen werden nur sehr vorsichtig eingesetzt. Und ein Luftschlag erst befohlen, wenn klar ist, dass man aus der Luft echte Extremisten und keine Zivilisten beschießt.

Dass die USA als selbst ernannte Führungsmacht im Anti-Terror-Krieg unter Trump weniger zurückhaltend kämpfen als früher, zeigen auch Zahlen aus Syrien und dem Irak. Schon wenige Wochen nach seinem Antritt stieg die Zahl ziviler Opfer bei Bombardements gegen den IS in Syrien. Zuletzt schrieb das "New York Times Magazine" sogar, im Irak sei die Zahl ziviler Opfer durch die US-geführte Anti-IS-Allianz 31-mal höher als offiziell angegeben. Und im westafrikanischen Niger baut die US-Armee derzeit einen eignen Flugplatz für die Ausweitung des Drohnenkriegs in der Sahara.

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US-Geheimkrieg in Afrika: Luft- und Bodenkrieg in der "Grauzone"

Foto: Kirsty Wigglesworth/ AP

In Somalia ist der Hauptfeind Schabab zwar geschwächt, aber nach wie vor stark genug für große Attacken. Die Miliz zählt rund 9000 Kämpfer, denen im Land 22.000 Soldaten der Afrikanischen Union gegenüberstehen. Kenia, Uganda und Äthiopien stellen die größten Kontingente. Nach fast drei Jahrzehnten Bürgerkrieg ist das Land eine Kriegsökonomie. Bettelarm und vielerorts vom Hungertod bedroht leben die Zivilisten. Die Profiteure machen in der Hauptstadt Geschäfte mit Elend und Krieg, während Mogadischu von brutalsten Anschlägen heimgesucht wird. Zuletzt starben bei der Explosion eines mit Sprengstoff gefüllten Lkw mehr als 500 Menschen.

Im Mai starb erstmals nach 1993 wieder ein US-Soldat in Somalia

Neben der somalischen Regierung, deren Wirken sich auf die Hauptstadt beschränkt, ist vor allem der US-Verbündete Kenia seit Jahren Ziel der Schabab. Kurz nach Neujahr töteten die Extremisten in Kenia fünf Polizisten. Bei Anschlägen auf ein Einkaufszentrum 2013 und auf eine Universität im Nordosten 2015 starben mehr als 200 Menschen. Die Zahl der in Somalia getöteten kenianischen Soldaten hält die Armee geheim. Es dürften weit mehr als 1000 sein.

Mogadischu - Stadt der Warlords
Foto: MOHAMED ABDIWAHAB/ AFP

Ob ein aggressiveres Vorgehen der USA Somalias Regierung hilft, die Kontrolle über das Land zurückzuerlangen, kann angesichts der gewalttätigen Geschichte bezweifelt werden. Was es wieder geben wird, sind tote US-Soldaten. Im Mai starb der erste seit 1993 in Somalia. Auch wenn Trump seinen Krieg heimlich ausweitet, Berichte über tote Soldaten machen zu Hause sofort Schlagzeilen. Der missglückte Einsatz in Niger mit vier toten einheimischen und vier getöteten US-Soldaten dürfte den US-Präsidenten schmerzlich daran erinnert haben.


Zusammengefasst: Die Zahl der US-Luftangriffe in Somalia hat sich seit Donald Trumps Amtsantritt mehr als verdoppelt. Auch in Niger, Syrien und im Irak beschießen die USA und ihre Verbündeten Islamisten hemmungsloser als unter Trump-Vorgänger Barack Obama. Auch Bodentruppen kommen vermehrt zum Einsatz. Trump wird sich künftig öfter für tote Zivilisten und getötete US-Soldaten rechtfertigen müssen.

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