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Rohstoff in der Akku-Herstellung Wettstreit um die weltweiten Kobaltreserven

Die Autoindustrie setzt verstärkt auf Kobalt, um die Reichweite ihrer Elektromobile zu steigern. Doch der Abbau des Metalls belastet die Umwelt - und das ist nicht das einzige Problem.
Von Wilfried Eckl-Dorna

Die Autohersteller stehen vor einem Problem: Sie brauchen tonnenweise Kobalt für ihre Elektroauto-Modelle. Kobalt sorgt in Lithium-Ionen-Akkus für eine höhere Energiedichte. Doch das Metall zählt nicht gerade zu den häufig vorkommenden Rohstoffen, der Abbau ist ebenso aufwendig wie umweltbelastend. Und der bei Weitem größte Exporteur des Stoffs ist die Demokratische Republik Kongo, ein Land, mit dem westliche Konzerne aus guten Gründen nur ungern Geschäfte machen.

Sorge bereitet der Autobranche der drastische Preisanstieg bei dem Metall. Seit dem Sommer hat sich der Preis für eine Tonne Kobalt knapp verdreifacht. Der Volkswagen-Konzern ist Berichten zufolge in den vergangenen Monaten zweimal daran gescheitert, langfristige Kobalt-Belieferungsverträge auszuhandeln. Der BDI warnte vor Kurzem, dass die Gefahr von Engpässen bei der Rohstoffversorgung steigt - und dass es ohne ausreichende Versorgung mit Kobalt, Lithium oder Mangan keine Zukunftstechnologien "Made in Germany" geben werde.

Es ist ein düsteres Bedrohungsszenario, das Teile der deutschen Industrie an die Wand malen. Doch ob die angeblich drohenden Engpässe bei der Kobalt-Versorgung tatsächlich den Schwenk Richtung Elektromobilität erschweren werden, bezweifeln einige Experten - und sie führen gute Gründe dafür an.

Warum die Kobalt-Versorgung so problematisch ist

Zwar hat laut einem Bericht der Deutschen Rohstoffagentur die Gesamtnachfrage nach Kobalt kräftig angezogen: Im Jahr 2015 lag sie bei 90.000 Tonnen, 2010 waren es noch 65.000 Tonnen pro Jahr. Bis 2025 soll sich die Nachfrage auf 155.000 Tonnen erhöhen. Rund 60 Prozent des geförderten Kobalts stammten im Jahr 2015 aus der Demokratischen Republik Kongo, der Rest aus China, Kanada und Australien.

Weltweit wäre das Metall reichlich vorhanden: Schätzungen gehen von weltweit 25 Millionen Tonnen gesicherter Kobalt-Reserven an Land aus, auf dem Boden der Weltmeere könnte sogar fünfmal so viel Kobalt lagern. Doch nur wenige Länder sind bereit, Kobalt abzubauen, das überwiegend als Nebenprodukt bei der Nickel- und Kupferproduktion anfällt. Denn die Kobalt-Konzentration in Gestein ist gering, der Abbau ist mit hohem Aufwand und hoher Umweltbelastung verbunden. Kinderarbeit ist beim Kobalt-Abbau im Kongo üblich, kritisierte Amesty International vor einigen Monaten in einem Bericht.

Für Unbehagen sorgen auf den Weltmärkten zum einen die aktuellen Verhältnisse im Kongo: So legt seit einigen Monaten ein Rechtsstreit eine der größten kongolesischen Kobalt-Minen am Terril de Lumbumbashi lahm. Die staatliche Bergbaufirma Gécamines verhindert wegen angeblicher Förderlimit-Überschreitungen die Extraktion von Kobalt aus Gestein.

Ringen um die Marktmacht

All das klingt nach den idealen Ingredienzien für einen Versorgungs-Engpass. Doch einige Experten erinnert das zu Recht an eine ähnliche Diskussion um Materialien für die Akku-Produktion vor einigen Jahren. Im Jahr 2010 schränkte China den Export von Seltenen Erden ein - woraufhin die Preise für manche der Rohstoffe um das Zehnfache stiegen. Auch damals fürchteten Batteriehersteller eine Rohstoffknappheit - die dann letztlich nie eintrat.

Zum einen ersetzten Unternehmen die seltenen Erden vielfach durch andere Rohstoffe. Mehrere westliche Staaten suchten zudem gezielt nach eigenen Vorkommen für Seltene Erden - bald stellte sich heraus, dass diese gar nicht so selten waren. China hob seine Exportbeschränkungen bald auf, heute verkauft das Land besonders viele Seltene Erden. Das hat einen einzigen Grund, vermuten Experten: Denn die Seltene-Erden-Schwemme senkt die Preise, was die Erschließung anderer Lagerstätten vielfach unökonomisch macht.

Bei Lithium-Ionen-Akkus setzt bereits eine ähnliche Entwicklung ein. Teslas Akku für das Model 3 etwa kommt mit deutlich weniger Kobalt als frühere Batterietypen aus. Globale Nickel- und Kupferproduzenten dürften wohl ebenfalls bald umdenken: Denn je höher der Kobalt-Preis, desto eher lohnt sich die Extraktion des Metalls aus den Abraumhalden der Kupfer- und Nickelminen.

Die große Sorge um die Kobalt-Engpässe könnte sich so in wenigen Jahren auflösen, argumentiert etwa das "Wall Street Journal" . Doch nicht nur VW versucht hier vorzubauen: Auch BMW will sich laut einem Bericht der Welt langfristig Rohstoffe sichern - mit indexierten Preisen.

Recycling als weitere Kobalt-Quelle

Der Volkswagen-Konzern will seine künftigen Elektroauto-Akkus immerhin besonders sauber machen: Die Wolfsburger sind als bislang einziger Autohersteller aktives Mitglied in der Global Battery Alliance des Weltwirtschaftsforums. Diese Allianz will globale Lieferketten für die Batterie-Rohstoffe zertifizieren und sicherstellen, dass die Gewinnung etwa von Kobalt mit geringerer Umweltbelastung und ohne Kinderarbeit auskommt. Zudem setzt sie sich für die Wiedergewinnung von Rohstoffen aus gebrauchten Batterien ein.

In Nordamerika versucht dies etwa das Unternehmen American Manganese, wie Bloomberg berichtet : Es lässt gerade eine Methode patentieren, die sämtliche Metalle aus bereits produzierten, aber wegen Qualitätsmängeln entsorgten wiederaufladbaren Batterien extrahiert. Wenn das in großem Umfang gelingt, könnten Schätzungen von Bloomberg New Finance zufolge zehn Prozent aller für Elektroauto-Batterien benötigen Metalle aus dem Recycling stammen.

Vielleicht stellt sich das zweimalige Scheitern an fixen Kobalt-Lieferverträgen am Ende für Volkswagen sogar als Gewinn heraus.

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