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Geschichte Mohammeds Familie

Kamelschlacht wurde entscheidender Wendepunkt im frühen Islam

Nachdem Mohammeds Schwiegersohn Ali 656 zum vierten Kalifen gewählt worden war, widersetzte sich die Lieblingsfrau des Propheten. Bei Basra kam es zu einer Schlacht, die Weltgeschichte schrieb.
Mohammed und der Aufstieg des Arabischen Weltreichs

Als der Prophet Mohammed 632 starb, hatten seine Anhänger die Arabische Halbinsel erobert. Nur 120 Jahre später waren sie bis Spanien und Indien vorgedrungen.

Quelle: N24

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Als Aischa, die Lieblingsfrau des Propheten Mohammed, diesen auf einem seiner Feldzüge begleitete, soll sie auf der Suche nach einem verlorenen Schmuckstück den Anschluss an die Karawane verloren haben. Ein junger Mann der Nachhut fand sie und brachte sie den Ihren zurück, was offenbar Anlass zu eindeutigen Spekulationen gab, schließlich war Aischa mindestens 40 Jahre jünger als ihr Ehemann. Vor allem Ali, Vetter und Schwiegersohn Mohammeds, soll sich zum Wortführer dieser Interpretation gemacht haben. Es bedurfte einer Offenbarung Allahs (Koran 24, 11-20), um Aischas Unschuld zu beweisen.

Diese Geschichte wirft ein zu schlechtes Licht auf alle Beteiligten, als dass man davon ausgehen könnte, sie sei im Zuge der Parteikämpfe des frühen Islam erfunden worden, schreibt der Kieler Islamwissenschaftler Lutz Berger. Wie dem auch sei. Auf jeden Fall diente die schlüpfrige Episode den Zeitgenossen als Erklärung dafür, dass sich die Lieblingsfrau des Propheten und sein engster männlicher Verwandter 24 Jahre nach dem Tod Mohammeds auf dem Schlachtfeld gegenüberstanden. Als „Kamelschlacht“ ist das blutige Treffen 656 bei Basra im Südirak in die Geschichte eingegangen, als wichtige Station in der Entstehungsgeschichte der Schia und ihres Kampfes gegen die Mehrheitspartei der Sunniten.

Es ging dabei weniger um Religion, sondern um Politik und Beute. Nach dem Tod Mohammeds stellte sich für seine Anhänger die Frage, wer seine Nachfolge als Stellvertreter (Kalif) antreten sollte: ein führender Repräsentant der Glaubensgemeinschaft oder ein Familienmitglied, was nach Lage der Dinge nur Ali sein konnte. Die Mehrheit wählte aber Abu Bakr zum Kalifen, den Vater von Aischa und einen der ersten Gefolgsleute des Propheten, der diesen bereits auf der Flucht von Mekka nach Medina 622 begleitet hatte.

Mohammed, Fatima, Ali u.Enkel / Miniatur Mohammed. Stifter des Islam. Um 570 - 632. - Mohammed, seine Tochter Fatima, sein Vetter Ali ibn Abi Talib (Vetter u.durch Heirat mit Fatima Schwiegersohn Moham- meds) und seine beiden Enkel al-Hasan u. al-Husain. - / Miniatur aus einer arab. Handschrift, 18.Jh. ("Chronologie" von al-Biruni). / Ms.Arabe 1489, folio 86. Paris, Bibliotheque Nationale. |
Mohammed, seine Tochter Fatima und sein Vetter und Schwiegersohn Ali mit ihren Kindern (rechte Bildhälfte) auf einer arabischen Miniatur (18. Jahrhundert)
Quelle: picture-alliance / akg-images /

Auf Abu Bakr, der nach zwei Jahren starb, folgte Umar. Unter ihm begannen Eroberungszüge im großen Stil, arabische Heere drangen in Syrien, Ägypten, den Irak und Iran vor. Der Streit um die Verteilung der riesigen Beute kostete dem dritten Kalifen Uthman 656 schließlich das Leben. Denn in der Gemeinschaft der Gläubigen wie im Heer beanspruchten die „Auswanderer“, also jene, die einst mit dem Propheten nach Medina gegangen waren, nach wie vor den ersten Rang, während sich die „Helfer“, die erst später zur wahren Lehre gefunden hatten, mit hinteren Rängen und schmaleren Beuteanteilen begnügen mussten.

Kompliziert wurde die Lage noch durch die Klanstrukturen, die Mekka beherrschten. Mohammed und viele seiner Anhänger der ersten Stunde entstammten den Quraisch, Stämmen, die zwar in heftiger Rivalität verbunden waren, aber über die gemeinsame Abstammung die Elite der Stadt bildeten. Nach seiner siegreichen Rückkehr nach Mekka 630 war Mohammed politischer Realist genug, die seinerzeit zurückgebliebenen Mitglieder der Quraisch mit Achtung zu behandeln. Da sie über Verwandte unter den „Auswanderern“ zudem über beste Beziehungen zur Gemeinde verfügten, konnten viele ihre überkommenen Positionen gegenüber den „Helfern“ sichern, die als „Südaraber“ sich weiterhin ins zweite Glied zurückgesetzt sahen.

Nachdem Truppen aus Ägypten Uthman in seinem Haus in Medina ermordet hatten, gelang es den „Helfern“ endlich, mit Ali einen Vertreter ihrer Belange auf den Kalifenthron zu bringen. Im Spiel um die Macht hatte dieser sich beizeiten als Anwalt der zu kurz Gekommenen exponiert, was ihm den Hass der „Auswanderer“ und ihrer Klans eintrug.

Umayyaden-Moschee, Syrien, Damaskus | Umayyaden mosque , Syria, Damascus | Verwendung weltweit
Die große Moschee von Damaskus wurde zum Symbol des Umayyaden-Reiches
Quelle: picture alliance / blickwinkel/F

„Alis Position stellte sich insofern als heikel dar, als ihm die Herrschaft von just den Leuten angetragen worden war, die seinen Vorgänger ermordet hatten“, schreibt Lutz Berger. Statt den Riss zwischen den beiden Parteien in der Gemeinde zu kitten, vergrößerte Alis Wahl ihn nur. Auf der Suche nach einer geeigneten Galionsfigur verfielen Alis Gegner auf Aischa, die nun gut 40 Jahre alt war. Mit ihr verschanzten sich einige alte Weggefährten in dem riesigen Heerlager Basra im Südirak.

Unterstützung fanden sie bei den Umayyaden. Die gehörten ebenfalls zu den Quraischiten Mekkas, die sich erst spät Mohammed angeschlossen hatten. Aber da einer von ihnen, Muawiya, Damaskus für den Islam hatte gewinnen können, verfügten sie nun über das Prestige und eine Machtbasis, um im Kampf um die Führung der muslimischen Gemeinde mitspielen zu können. Mit Damaskus, Basra und bald auch Kufa, wo Ali seine Residenz nahm, verlagerte sich der Schwerpunkt des Islam zunehmend in Gebiete jenseits der Arabischen Halbinsel.

Im Dezember 656 langte Ali mit seinem Heer vor Basra an, das längst von seinen Gegnern kontrolliert wurde. Da er vor einer blutigen Lösung des Konflikts zurückschreckte, forderte er seine Gegner zu Verhandlungen auf. Den Mördern Uthmans, die sich in seinem Heer befanden, war klar, dass eine friedliche Lösung ihnen ihren Kopf kosten würde, und provozierten einen Angriff. Am 9. Dezember kam es zur Schlacht.

Kamelschlacht bei Basra 656
Von einem Kamel aus soll Mohammeds Witwe Aischa den Kampf gegen Ali beobachtet haben
Quelle: Wikipedia/Public Domain
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Obwohl Ali seine Truppen zu mäßigen suchte, artete der Kampf in ein regelrechtes Gemetzel aus. Aischas hochrangige Verbündete fielen bald. Dann wurde auch sie, die von einem Kamel aus die Schlacht verfolgte (daher „Kamelschlacht“), umzingelt. Ali konnte das Leben seiner Stiefschwiegermutter retten. Er schickte sie nach Medina zurück. Die 10.000 Toten wurden in Massengräbern verscharrt.

Vermutlich wäre Ali ein Ausgleich mit seinen Gegnern lieber gewesen. So aber hatte er einen Sieg errungen, den er vor allem Uthmans Mördern verdankte. Eine Verständigung mit Muawiya und den Umayyaden war damit ausgeschlossen.

So aber wuchs der Cousin Mohammeds im Zuge dieses ersten innerislamischen Bürgerkriegs erst in die Rolle hinein, die ihm die Schiiten bis heute beimessen: Er wurde zum Begründer ihrer Partei, denn nichts anderes heißt „Schia“. Nur ihm und seinen Nachfolgern billigen sie als Imame die Führung ihrer Gemeinschaft zu, wobei sich ihre Linie bald in zahlreiche Verästelungen aufsplittern sollte. Die Kamelschlacht wurde damit zu einem entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte des frühen Islam.

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