US-Politik:Trump will seine Gegner nicht nur besiegen, sondern zerstören

US Pres. Donald Trump meets with the Republican House Conference

US-Präsident Donald Trump hat schon im Wahlkampf viele Menschen verhöhnt, beschimpft und beschuldigt. Hinterher wollte er es oft nicht so gemeint haben.

(Foto: AFP)

"Gaslighting" nennt es die Psychologie, wenn Menschen systematisch durch Lügen und die endlose Wiederholung falscher Behauptungen zermürbt werden. Donald Trump wendet diese Technik in der Politik an.

Kommentar von Andrian Kreye

US-Präsident Donald Trump gehört als Geschäftsmann und Politiker zu den Menschen, die ihre Gegner nicht nur besiegen, sondern zerstören wollen. Da ist er nicht der einzige. In den USA sind Wahlkämpfe schon seit Jahrzehnten Vernichtungsfeldzüge. Auch Obamas Gegner haben sich von ihren Niederlagen nie wieder erholt. Neu ist allerdings, mit welcher Konsequenz Trump Zerstörungstaktiken auch im Regierungsalltag einsetzt. Dazu gehört vor allem die Methode des "Gaslighting", des Gaslichterns. Dabei wird ein Gegner so verwirrt und zermürbt, dass er psychisch zusammenbricht.

Der englische Begriff ist auch im deutschen Therapiewesen gebräuchlich. Gemeint ist damit eine Form des psychischen Missbrauchs. Mit Lügen und Tricks wird dabei der Realitätssinn der Opfer so weit erschüttert, dass sie ihre geistige Gesundheit infrage stellen. Die Folgen sind schwere Depressionen. Therapeuten kennen das Phänomen vor allem aus destruktiven Paarbeziehungen. In der Politik ist es - zumindest in diesem Ausmaß - neu. Opfer sind bei Trump Muslime und Wähler.

Um Sinn und Unsinn der Flugbestimmungen geht es nur in zweiter Linie

Jüngstes Beispiel ist ein Vorstoß des Heimatschutzministeriums. Auf Flügen nach Amerika aus der Türkei sowie mehreren Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens mit nichtamerikanischen Fluglinien ist es nun verboten, elektronische Geräte an Bord zu nehmen, die größer sind als ein Handy. Alle anderen Geräte müssen mit dem Gepäck aufgegeben werden.

Nun kann man den Sinn der Direktive infrage stellen. Warum nur auf Flügen mit nichtamerikanischen Fluglinien? Warum darf man die Geräte, in denen sich Sprengstoff verbergen könnte, mit dem Gepäck aufgeben? Aber darum geht es nur in zweiter Linie. Als die Royal Jordanian Airlines und die saudische Nachrichtenagentur das Verbot bekannt gaben, war die Verwirrung zunächst groß. Anfragen bei US-Behörden liefen ins Leere. Dafür wurden die Luftlinien angewiesen, das Verbot zwar umzusetzen, aber nicht zu kommunizieren.

Lug und Trug haben bei Trump System - so zermürbt er Gegner

Das erinnerte an das erste Dekret zum Einreiseverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern. Auch damals waren Anweisungen verwirrend und Behörden nicht zu erreichen. Das führte dazu, dass US-Grenzschützer das Einreiseverbot nach eigenem Ermessen und in der Regel mit größter Härte umsetzten.

Nun ist Donald Trump beim Regieren oft ein Schlamper und ein Stümper. Vieles, was von außen erratisch und bizarr erscheint, hat allerdings Methode. Dazu gehören nicht nur verwirrende Direktiven, die zu Härten führen. Auch das Sperrfeuer an Lügen folgt den Regeln des "Gaslighting". Längst glauben viele Trump-Anhänger wirklich, dass die Menschenmengen bei seiner Amtseinführung größer waren als bei Obamas, dass er mit mehr Netto-Stimmen als Hillary Clinton gewonnen hat, dass ihn Obama und der britische Geheimdienst abgehört haben, dass die EU ein Machtinstrument Merkels ist, um amerikanische Arbeiter übers Ohr zu hauen.

Trumps multimediale Truppen denunzieren Gegner

Es ist egal, ob vernünftige Menschen und seriöse Medien diese Lügen entlarven. Das Vertrauen in Fakten und Wahrheit soll erschüttert werden - mal davon abgesehen, dass die Lügen nicht so einfach aus der Welt zu schaffen sind, selbst wenn FBI und CIA sie widerlegen. Trumps multimediale Sturmtruppen betreiben das Spiel schon länger, indem sie politische Gegner als Kinderschänder denunzieren. Da bleibt immer was hängen.

Der Begriff des "Gaslighting" leitet sich übrigens von dem Theaterstück "Gas Light" ab, das der britische Dramatiker Patrick Hamilton 1938 schrieb. Da treibt die Hauptfigur Jack seine Frau Bella mit Lügen und Verwirrspielen in den Wahnsinn, um einen Mord zu vertuschen. Das Stück endet damit, dass Jack von der Polizei abgeführt wird.

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