Vor Corona : Die Welt von gestern
Wie schön war doch die Welt, als es für Reisende noch keine wirklichen Grenzen gab, keine Auffanglager für Migranten, keine Reisepässe, keine Fingerabdrücke. „Vor 1914 hatte die Erde allen Menschen gehört. Jeder ging, wohin er wollte und blieb, solange er wollte“, hielt Stefan Zweig in seinen nostalgischen Betrachtungen über „Die Welt von Gestern“ fest. Vor gut hundert Jahren, so schreibt er unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs, habe es noch keine Grenzen gegeben, die mehr gewesen wären „als symbolische Linien, die man ebenso sorglos überschritt wie den Meridian in Greenwich“. Die schöne, heile Welt sei erst nach 1914 zerschlagen worden. Der angesehene und wohlhabende Schriftsteller spricht dann von dem „ungeheuren Rückfall, in den die Welt seit dem Ersten Weltkrieg geraten ist“, und vom Ende kosmopolitischer Hoffnungen. „Erst nach dem Kriege begann die Weltverstörung durch den Nationalsozialismus“, resümiert Zweig, erst danach begann der „Fremdenhass oder zumindest die Fremdenangst“.