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Der Kontinent, der wieder vergessen geht

UNO-Friedensmission: Blauhelme beschützen im Süssudan die Zivilbevölkerung.Foto: Siegfried Modola (Reuters)

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Schon in den ersten Wochen seiner Amtszeit hat Donald Trump Freunde wie Feinde vor den Kopf gestossen und Bündnisse wie Verträge infrage gestellt. Doch während sich Europäer und Asiaten auf den transatlantischen Bully und seine «Amerika über alles»-Politik einzustellen versuchen, sind die Dekrete aus dem Weissen Haus für viele Afrikaner existenzbedrohend. Das gilt sowohl für den Einreisestopp von Bürgern muslimischer Staaten, deren Leben wie in ­Libyen und in Somalia auf dem Spiel steht, als auch für die Wiedereinführung der «Mexiko-Stadt-Politik». Diese sieht vor, Gesundheitsorganisationen, die die Abtreibung befürworten, jegliche Unterstützung zu streichen. Als Folge davon dürften noch mehr Frauen in die Hände von Kurpfuschern geraten.

Inzwischen ist noch eine dritte besorgniserregende Initiative der Trump-Regierung hinzugekommen: Die Supermacht drängt die UNO darauf, die Blauhelm-Missionen deutlich zu reduzieren. Trumps UNO-Botschafterin Nikki Haley hatte angekündigt, die Friedensoperationen einer radikalen Überprüfung zu unterziehen. Sie sei bezüglich der Wirksamkeit der 16 UNO-Missionen, von denen sich neun in Afrika befinden, «skeptisch», befand die ehemalige Gouverneurin South Carolinas, die sich bislang nicht mit Aussenpolitik befasst hat.

Bereits bei ihrer Senatsanhörung hatte Haley die Präsenz von Blauhelmen im Südsudan kritisiert, die dort – wenn auch nicht immer erfolgreich – mehr als 200'000 Zivilisten vor den Übergriffen von Rebellen und Regierungssoldaten schützen. Infrage gestellt ist auch die mit jährlichen Kosten von 1,2 Milliarden US-Dollar teuerste UNO-Mission: Seit 18 Jahren sorgt im Osten des Kongo eine 22'0000-köpfige Blauhelmtruppe für etwas Ruhe. Nach Einschätzung von Aditi Gorur vom Washingtoner Stimson Center würde ein Abzug der Blauhelme aus dem Südsudan und dem Kongo das «Todesurteil für Tausende» bedeuten.

Der Freund der Diktatoren

Trump selbst ist an Afrika nicht interessiert: Bereits im Wahlkampf hat er den Kontinent höchstens als Ursprung unerwünschter Migranten zitiert. Erhielten 2016 noch 11'000 Somalier nach jahrelanger Überprüfung die Chance, ein neues Leben in den USA zu beginnen, können ihre zu Hunderttausenden in kenianischen Flüchtlingslagern lebenden Landsleute solche Hoffnungen nun begraben. Dafür sind Tausende von illegal in den USA lebenden Afrikanern von der Ausweisung bedroht.

Trumps Afrikapolitik werde sich ganz auf den Sicherheitsaspekt und den Kampf gegen islamistische Terrororganisationen konzentrieren, meint Johnnie Carson, ehemaliger Afrikabeauftragter der US-Regierung. Entwicklungsprojekte würden zurückgefahren, Handelsvereinbarungen wie der einst auch von Republikanern unterstützte African Growth and Opportunity Act (Agoa) infrage gestellt und Austauschprogramme wie die von Barack Obama geschaffene Young African Leaders Initiative (Yali) aufgegeben.

Am schlimmsten wird sich der Regierungswechsel in Washington im Gesundheitsbereich auswirken. Die Direktive, in Zukunft keine Organisationen mehr zu fördern, die ihren Klienten auch Abtreibungen als familienpolitische Massnahme anbieten, wird nach Auffassung von Experten die Gesundheitsversorgung in zahlreichen afrikanischen Staaten gefährden. Damit wird das Leben Tausender Frauen aufs Spiel gesetzt. Politiker sollten nicht mit Menschen­leben spielen, warnt der US-Direktor von Médecins sans Frontières, Jason Cone: Schon heute gehören unprofessionell durchgeführte Abtreibungen zu den häufigsten Todesursachen.

«Es ist das Recht jeder Nation, ihre eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen.»

Donald Trump

Optimisten versuchen, in der Misere das Positive zu sehen. Als unbeabsichtigte Folge der neuen US-Politik könnte sich die Umkehrung des Abzugs afrikanischer Fachkräfte in den Westen erweisen, meint der kenianische Geschäftsmann Chris Kirubi: «Trump tut uns einen Gefallen, indem er unsere gut ausgebildeten Landsleute dorthin zurückschickt, wo sie hingehören: nach Afrika.» Auf sich allein gestellt, würden die Regierungen des Kontinents zwangsläufig vom Tropf loskommen, hoffen auch Kritiker der Entwicklungshilfe: Als ob die Probleme damit gelöst wären, dass man Afrika sich selbst überlässt.

Trumps Desinteresse beeinträchtigt die Beziehungen zwischen dem Westen und Afrika auch grundsätzlich. Bislang bemühten sich die Regierungen in Washington, London, Paris oder Bern, mit ihrer Hilfe zur Verbesserung der Regierungsführung auf dem gequälten Kontinent beizutragen: Sie knüpften Bedingungen an ihre Unterstützung, die von den hiesigen Machthabern verachtet, von den Vertretern der Zivilgesellschaften aber begrüsst wurden.

Mit dieser Praxis räumt Trump nun auf: «Es ist das Recht jeder Nation, ihre eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen», sagte der neue Präsident: «Wir werden unseren Lebensstil niemand anderem aufdrängen.» Was sich zunächst ganz tolerant anhört, ist in Wahrheit die Bestätigung des Status quo und die Preisgabe einer an Menschenrechten ausgerichteten Aussenpolitik: Afrikas Langzeitdiktatoren, die sogenannten Big Men, haben in Trump einen Freund gefunden.