Golfkrise:Die Finanziers der Extremisten

Golfkrise: Ringen um Antworten: die Außenminister arabischer Staaten bei ihrem Treffen in Kairo.

Ringen um Antworten: die Außenminister arabischer Staaten bei ihrem Treffen in Kairo.

(Foto: Khaled Elfiqi/afp)
  • Trotz des gemeinsamen Embargos gegen Katar können sich Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrain und Ägypten nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen.
  • Das wird beim Treffen ihrer Außenminister in Kairo deutlich. Unter anderem spaltet sie die Frage, ob die Muslimbruderschaft eine Terrororganisation ist.
  • Bundesaußenminister Sigmar Gabriel lobt die Rolle Kuwaits als Vermittler - bleibt aber realistisch: Die Krise werde anhalten, sagte er.

Von Stefan Braun und Paul-Anton Krüger, Kairo/Kuwait

Einen Monat nach dem Beginn des Embargos gegen Katar haben sich die Außenminister Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrains und Ägyptens in Kairo getroffen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Auf ihren Katalog von 13 Forderungen hatte Doha über den Vermittler Kuwait eine Antwort überbringen lassen. Die Suche nach Ausgleich oder aber mehr Konfrontation - eines dieser beiden Signale erwartete die Region nun von dem Kairoer Treffen.

Katars Boykotteure fanden keine gemeinsame Haltung

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, der bei seiner dreitägigen Reise in die Region bis auf Ägypten alle Beteiligten getroffen hatte, prophezeite, die Krise werde noch andauern. Er sollte bestätigt werden. Die Beratungen in Kairo dauerten Stunden länger als angesetzt, am Abend dann wurde klar: Es gibt keine Replik, sondern lediglich eine gemeinsame Erklärung: Man danke Kuwait für die Vermittlung und werde in angemessener Zeit eine Antwort übermitteln. Offenbar konnten sich die Länder auf keine gemeinsame Haltung einigen. Gastgeber Sameh Shoukry kritisierte zwar, Katar habe sich nicht bewegt. Die Antwort sei "negativ", "nicht ernst zu nehmen", sie zeige Nachlässigkeit und ein Fehlen von Ernsthaftigkeit im Umgang mit den Problemen.

Eine Verschärfung der Sanktionen wurde aber ebenso wenig verkündet, wie eine Lockerung der Blockade oder Pläne für direkte Gespräche mit Katar. Dafür wollen die vier Staaten sich erneut beraten, in Bahrains Hauptstadt Manama - ein Datum nannte Shoukry nicht. Sein saudischer Kollege Adel al-Jubeir sagte, die Sanktionen würden fortgesetzt, bis Katar seine Politik ändere. Weitere Maßnahmen würden zu einem geeigneten Zeitpunkt und im Einklang mit dem Völkerrecht ergriffen.

Gabriel lobt Rolle Kuwaits als Vermittler

Nach Entspannung klingt das nicht, eine Eskalation stellt es aber auch noch nicht dar. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte am Nachmittag mit US-Präsident Donald Trump telefoniert; es sei dabei "um das Thema Terrorbekämpfung" gegangen, eine Chiffre für die Katar-Krise. Aus Washington hieß es, Trump habe darauf gedrungen, die Krise schnell beizulegen und "konstruktiver Verhandlungen mit Katar" zu führen. Sein Außenminister Rex Tillerson wird kommende Woche an den Golf reisen, wie in Kuwait verlautete.

Dort traf Gabriel am Vormittag noch den Emir und lobte ihn als Vermittler: Man könne die Bedeutung des Landes in der Krise "gar nicht überschätzen". Kuwait hatte sich eng mit Tillerson abgestimmt. Washington und Berlin hoffen, dass der erfahrene und anerkannte Herrscher nicht aufgibt. "Sie versuchen ungeheuer viel, um einen Weg aus der Krise zu finden", so Gabriel. Mit dem Ergebnis in Kairo zeigte er sich zufrieden. Es sei "kein Durchbruch", werde aber zumindest den weiteren Prozess nicht erschweren.

Der BND soll den Vorwurf der Terrorunterstützung mit aufklären

Aus Gabriels Delegation verlautete, der Bundesnachrichtendienst (BND) solle bei der Aufklärung der Vorwürfe der Terrorunterstützung gegen das Emirat helfen. Details über Katars Antwort waren über offizielle Kanäle nicht durchgesickert. Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani gab sich aber bei einer Pressekonferenz mit Gabriel kämpferisch: Es reiche mit den Versuchen, den Staat Katar zu zerstören, seine Souveränität infrage zu stellen oder unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung die freie Rede zu bekämpfen. Damit spielt er auf den Fernsehsender Al Jazeera an, dessen Schließung die anderen Staaten fordern. Und auf Katars Außenpolitik, die ein pragmatisches Verhältnis mit Iran beinhaltet und die Militärkooperation mit der Türkei.

Gretchenfrage ist die Behandlung der Muslimbruderschaft

Mindestens in groben Umrissen ist erkennbar, wie ein Kompromiss aussehen könnte. Der Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten der Vereinigten Arabischen Emirate, Anwar Gargash, sagte der Süddeutschen Zeitung, er hoffe, dass Katar weise genug sei, sein Verhalten zu ändern, "was die Unterstützung von Extremismus, Terrorismus und der dschihadistischen Agenda in der Region angeht". Der Kern des Konflikts sei, ob Katar bereit sei, sich im Rahmen des sechs Staaten umfassenden Golfkooperationsrates der Sicherheit und Stabilität der Region zu verpflichten.

"Wenn es diesen Kurswechsel gibt, ergibt sich alles andere", stellte er in Aussicht. Damit scheinen Lösungen für die anderen Probleme möglich zu sein. "Länder im Golfkooperationsrat haben ihre unabhängige Außenpolitik, damit hat es noch nie ein Problem gegeben", sagte Gargash.

In Kairo wurde aber auch deutlich, dass manche der Staaten bei der Behandlung der Muslimbruderschaft nicht zu Kompromissen bereit sind. Sie sei eine Terrorvereinigung, sagte Bahrains Außenminister Khalid bin Ahmed al-Khalifa - Katar sieht das entschieden anders und unterstützt wie die Türkei diese wohl wichtigste islamistische Bewegung im Nahen Osten. Weder die Bundesregierung noch die EU oder die USA haben sie bislang als terroristisch eingestuft.

Ein Bericht wirft Fragen zur Rolle Saudi-Arabiens auf

Beim Thema Terrorunterstützung sehen Gabriel und sein US-Kollege Rex Tillerson Ansatzpunkte: Sie reden von einem Abkommen der Golfstaaten zur Bekämpfung von Terrorfinanzierung und entsprechenden Kontrollmechanismen. Fortschritte in diese Richtung zu machen, ist das Ziel von Tillersons Reise - überdies wollen die USA den Golfkooperationsrat erhalten sehen.

Indes warf ein in Großbritannien veröffentlichter Bericht Fragen zur Rolle Saudi-Arabiens auf. Das Land sei der größte Förderer des islamistischen Extremismus, heißt es in einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der Henry Jackson Society, einer unabhängigen Denkfabrik, die Kritikern als neokonservativ gilt. Das Land habe in den vergangenen 50 Jahren über Stiftungen umgerechnet 76 Milliarden Euro ausgegeben, um den Wahhabismus - eine ultrakonservative Auslegung des sunnitischen Islam - in die muslimische Welt und in muslimische Gemeinschaften im Westen zu exportieren. Saudi-Arabien bestritt entschieden, Extremisten zu fördern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: