Trumps Abhörvorwürfe : Heiße Luft mit Folgen
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Heiße Luft: Die Rockband „Fury in the Slaughterhouse“ macht bei einem Konzert am 10. März in Hannover deutlich, was sie von Trump hält Bild: dpa
Vor einer Woche erhob Amerikas Präsident schwere Vorwürfe gegen seinen Amtsvorgänger. Beweise bleibt er weiterhin schuldig – und gibt sich inzwischen auffällig zahm. Ahnt Trump, dass er den Bogen überspannt haben könnte?
Dass der Job von Sean Spicer nicht leicht ist, ist bekannt. Fast täglich tritt der Sprecher des Weißen Hauses in Washington vor die Presse und beantwortet Fragen zur Präsidentschaft Donald Trumps.
Obwohl es in dieser Woche mit der geplanten Gesundheitsreform, dem neuen Einreisegesetz und der Frage, inwieweit der jüngste Aufschwung am amerikanischen Arbeitsmarkt auf die Politik der neuen Regierung zurückzuführen ist, jede Menge andere Dinge zu besprechen gab, stand vor allem ein Thema immer wieder im Mittelpunkt: Trumps schwere Vorwürfe gegen seinen Amtsvorgänger Barack Obama.
Alles hatte am letzten Samstag, wie so häufig beim 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten, mit einer Reihe wütender Twitter-Nachrichten begonnen. Obama, so ließ Trump am frühen Morgen wissen, habe ihn vor seinem Sieg im November abhören lassen und sei deswegen ein „böser“ oder „kranker“ Mann. „Wie tief ist Obama gesunken, um meine Telefone während des geheiligten Wahlprozesses anzapfen zu lassen?“, empörte sich Trump.
Konkrete Hinweise lieferte der amtierende Präsident keine, verlangte jedoch, dass der Kongress einen möglichen Amtsmissbrauch durch Obama untersuchen möge. Ob Trump zu diesem Zeitpunkt tatsächlich von der Echtheit seiner Anschuldigungen überzeugt war, die offenbar vor allem auf fragwürdigen Medienberichten basieren, oder die ganze Sache vor allem eine Nebelkerze sein sollte, um von aktuellen Untersuchungen der Geheimdienstkomitees zur möglichen Einmischung Russlands in seinen Wahlkampf abzulenken, bleibt weiter unklar.
Trumps Ton ist deutlich kleinlauter geworden
Klar ist hingegen, dass eine Woche nach Trumps giftigen Tweets von dessen Angriffslust nicht viel übrig geblieben ist. Hatte der Präsident vor einigen Tagen noch forsch ausrichten lassen, dass er weiterhin zu seinen Worten stehe, ist der Ton inzwischen deutlich kleinlauter geworden. Ob sich Trump denn bei seinem Vorgänger entschuldigen werde, wenn sich endgültig herausstellen sollte, dass die Vorwürfe haltlos sind, wurde Sprecher Spicer am Freitag gefragt. Man werde den entsprechenden Bericht abwarten und „angemessen reagieren“, so die knappe Antwort.
Nicht nur diese lauwarmen Worte deuten darauf hin, dass die Vorwürfe des Präsidenten kaum mehr als heiße Luft gewesen sein dürften. Der demokratische Abgeordnete Adam Schiff aus Kalifornien, Mitglied der sogenannten „Gang of Eight“, also jener acht Kongressmitglieder, die über besonders detaillierte Einblicke in Geheimdienstaktivitäten verfügen, machte am Freitag deutlich, dass er und seine Kollegen in Bezug auf Trumps Anschuldigungen weiterhin „keine Beweise gesehen“ hätten. Ähnlich äußerte sich sein republikanischer Kollege Devin Nunes. Am Abend zuvor hatten sich die beiden Politiker mit FBI-Direktor James Comey getroffen – und anscheinend auch von ihm nichts Neues erfahren.
Comey soll sich einige Tage zuvor intern bereits „fassungslos“ über die nicht belegten Abhörvorwürfe des Präsidenten gezeigt und das Justizministerium zu einer Distanzierung aufgefordert haben. Am 20. März, wenn der Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses zu einer mit Spannung erwarteten öffentlichen Sitzung zusammenkommt, dürfte der FBI-Direktor seine Sicht der Dinge für jedermann hörbar wiederholen. Dann, so sind sich viele Beobachter sicher, könnte es äußerst peinlich für Trump werden. „Der Präsident wollte, dass seine falschen Anschuldigungen hinter den verschlossenen Türen des Komitees vergraben werden, aber das werden wir nicht zulassen“, so Ausschuss-Mitglied Schiff gegenüber CNN. „Wir werden das alles in die Öffentlichkeit tragen.“
Washington : FBI-Direktor hält nichts von Trumps Spitzel-Vorwürfen
Droht Trump eine öffentliche Schmach?
Die öffentliche Schmach, als bloßgestellter Verschwörungstheoretiker dazustehen, wäre für Trump aber nur ein Problem von vielen. So könnte Obama, wenn er denn wollte, seinen Nachfolger wegen Verleumdung verklagen. Die Chancen auf einen Erfolg vor Gericht stünden gut, glauben Experten. Noah Feldman, Rechtsprofessor an der Harvard-Universität, sieht gar die Möglichkeit eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump.
Der Präsident selbst scheint unterdessen gemerkt zu haben, dass seine Tweets ernste Folgen für ihn haben könnten und er den Bogen möglicherweise überspannt hat. Die Tatsache, dass sich selbst sein Vizepräsident Mike Pence zuletzt sehr ausweichend äußerte, dürfte ihm zu denken gegeben haben. Bis auf die ein oder andere Spitze gegen Journalisten hielt sich Trump in den letzten Tagen auffallend zurück. Politische Inhalte schienen ihm wichtiger zu sein als die sonst üblichen persönlichen Angriffe. Zahlreiche öffentliche Wortmeldungen wirkten gar ungewohnt zahm.
Sean Spicer, Trumps viel beschäftigter Sprecher, scheint dem Braten allerdings noch nicht so recht zu trauen. „Nur noch zwei Tage bis zum Ende der Arbeitswoche“, sagte er am Freitagmittag lakonisch unter dem Gelächter der anwesenden Journalisten. Jeder im Raum wusste: Samstag und Sonntag sind Trumps bevorzugte Twitter-Tage.