Schüler demonstrieren gegen die Klimaentwicklungen
APA/AFP/Odd Andersen
Auch in Österreich

Klimaproteste in mehr als tausend Städten

Während die Treibhausgase steigen und jährlich Klimarekorde gebrochen werden, scheint die Politik in eine Handlungsstarre verfallen zu sein. Schüler und Schülerinnen wollen daher am Freitag weltweit gegen die Klimapolitik ihrer Regierungen protestieren. Geplant sind Streiks in mehr als tausend Städten und mehr als 90 Ländern. Auch Österreich ist dabei. Jedoch nicht zur Freude aller.

„Wir wollen, dass jetzt etwas passiert und nicht erst in zehn Jahren“, sagt Fabian Schweiger von der Aktion kritischer Schüler_innen (AKS) Niederösterreich. Sie hätten „der Politik jetzt lange genug zugesehen, doch da passiert relativ wenig“, meint er gegenüber noe.ORF.at.

Er wird, wie viele andere Schüler und Schülerinnen am Freitag statt in die Schule auf die Straße gehen. Auch Andrea Pisa, Direktorin der Neuen Schule Eichgraben, wird mit ihren Klassen an der Demonstration teilnehmen. Jahrelang hätte man der Jugend nun Politikverdrossenheit vorgeworfen, doch jetzt habe sie das Gefühl, dass Jugendliche wieder Verantwortung übernehmen – „und das gehört unterstützt“.

Fernbleiben vom Unterricht „nicht gerechtfertigt“

Anders sieht das Bildungsdirektor Johann Heuras. Demos und Kundgebungen könnten nur außerhalb der Unterrichtszeit erfolgen. In einem entsprechenden Erlass teilte die Bildungsdirektion allen Schulen mit, dass die Teilnahme an Schulstreiks das Fernbleiben vom Unterricht nicht rechtfertige – mehr dazu in noe.ORF.at.

Schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg
APA/AFP/Axel Heimken
Greta Thunberg inspirierte Tausende Schüler und Schülerinnen weltweit, sich für das Klima einzusetzen

Angestoßen wurde die Streikbewegung von der 16-jährigen schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg. Sie begann im August 2018 damit, vor dem Parlament in Stockholm für einen stärkeren Einsatz Schwedens gegen den Klimawandel zu demonstrieren. Ihr „Schulstreik fürs Klima“ fand in den vergangenen Wochen Tausende Nachahmer in aller Welt, Thunberg wurde zum Gesicht der internationalen Klimaschutzbewegung. Am Freitag soll das bisher größte Zeichen gesetzt werden.

„Hier wird Geschichte geschrieben“

Die Organisatoren von Fridays For Future wollen am Freitag so umfassende internationale Schulstreiks auf die Beine stellen wie noch nie zuvor. Geplant sind Streiks in 1.209 Städten und 92 Ländern – von Argentinien bis Australien, wie aus einer Liste des globalen Netzwerkes hervorgeht.

In Österreich sind bisher neun Veranstaltungen vermerkt. Die größte davon wird in Wien stattfinden – mehr dazu in wien.ORF.at. „Wir rechnen mit sehr vielen Teilnehmern“, sagte Organisatorin Katharina Rogenhofer am Dienstag in einer Pressekonferenz. Über die weltweiten Proteste sagt sie: „Hier wird Geschichte geschrieben.“

Reger Zuspruch für Fridays for Future in Österreich

In Österreich findet die Initiative Fridays for Future regen Zuspruch. Für Freitag hätten sich in vielen Schulen ganze Oberstufenklassen samt Lehrenden und Direktoren und Direktorinnen angekündigt. „Wir wollen ein Zeichen setzen, um zu zeigen, wie viele wir sind“, sagte Mitorganisator Johannes Stangl.

Der Grund für das Engagement der jungen Leute ist einfach: „Wir können nicht die Zeit absitzen, bis wir an den politischen Hebeln sitzen, wir müssen jetzt handeln, wenn wir noch gut leben wollen“, erklärte Stangl. Nur die Politik könne die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Fridays For Future will deshalb in Gespräche mit der Bundesregierung treten. „Wir sind eine politische und keine Spaßbewegung“, unterstrich Stangl.

Faßmann erinnert an Schulpflicht

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann zeigte am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag zwar grundsätzlich Sympathien dafür, dass die Schüler sich im Sinne der politischen Bildung „mit wesentlichen Fragestellungen von Gesellschaft und Zukunft auseinandersetzen. Aber die aktive Beteiligung muss nicht unbedingt am Vormittag stattfinden, wenn gleichzeitig auch Schulpflicht gilt.“

Ein generelles Streikrecht für Schüler und Schülerinnen gibt es nicht. Es kann ihnen jedoch von der Schule ein Fernbleiben vom Unterricht erlaubt werden. Ob auch der Besuch der Klima-Demo am Freitag in diese Kategorie fällt, wird je nach Bundesland unterschiedlich eingeschätzt – mehr dazu in oesterreich.orf.at.

12.000 Wissenschaftler unterstützen Bewegung

Unterstützt wird die Aktion auch von der Klimaschutzinitiative Scientists For Future, der unter anderen die Klimawissenschaftlerin Helga Kromp-Kolb und ZAMG-Direktor Michael Staudinger angehören. „Die Forderungen der Schüler sind vollkommen berechtigt und wissenschaftlich belegt“, sagte Kromp-Kolb. Die derzeitigen Maßnahmen der Politik zum Schutz des Klimas würden bei Weitem nicht ausreichen. Entsprechend unterstützten mehr als 12.000 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in einer Stellungnahme die Fridays-For-Future-Initiative.

Schüler demonstrieren gegen die Klimaentwicklungen
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„Macht unseren Planeten wieder grün“ – ein Appell der Jugendlichen an die Politik

„Wir sind gerade dabei, die Welt an die Wand zu fahren, und geben auch noch Gas“, sagte auch der Präsident des Wissenschaftsfonds (FWF), Klement Tockner. Die Auswirkungen des Temperaturanstiegs sind nicht nur an der Zunahme von Extremwetterphänomenen abzulesen: Die Zahl der Hitzetoten überstieg zuletzt laut Staudinger etwa mit über 600 die Zahl der Verkehrstoten. Und: Laut neuen Berechnungen gehen 8,8 Millionen vorzeitige Todesfälle weltweit jährlich auf verschmutzte Luft zurück. In Europa wird die Lebenserwartung durch die hohe Feinstaubbelastung im Durchschnitt um mehr als zwei Jahre verkürzt – mehr dazu in science.ORF.at.

Dass junge Leute für den Klimaschutz eintreten, wunderte die Wissenschaftler nicht – schließlich sind sie auch die Hauptbetroffenen. „Entwicklungen passieren oft unter der Oberfläche“, sagte die Klimawissenschaftlerin Kromp-Kolb. Durch Thurnbergs Aktion sei diese aufgebrochen.

Greta Thunberg kommt zum R20 Summit nach Wien

Thunberg wird zum R20 Austrian World Summit am 28. Mai nach Wien kommen. Sie wird dabei – ebenso wie Gründer Arnold Schwarzenegger – auch bei einem öffentlich frei zugänglichen „Climate Kirtag“ auf dem Heldenplatz auftreten.

Wir sind sehr froh, dass wir sie gewinnen können", sagte Organisatorin Monika Langthaler bei einem Hintergrundgespräch am Donnerstag in Wien. Schwarzenegger persönlich hatte Thunberg via Twitter zu seinem Summit eingeladen, die 16-Jährige antwortete damals: „Zähl auf mich. Hasta la vista baby!“