Hauptursache von Krebs: Kopierfehler

Zwei Drittel aller Mutation, die zu Krebs führen, sind Forschern zufolge einfach „nur“ Pech. Sie entstehen durch Kopierfehler während der Zellteilung - Vererbung und Umwelteinflusse spielen demnach eine untergeordnete Rolle.

Ein Team um Bert Vogelstein vom Howard Hughes Medical Institute in Baltimore (USA) hat Krebsdaten aus 69 Ländern (inklusive Österreich) auf sechs Kontinenten untersucht, mit denen etwa ein Drittel der Weltbevölkerung abgedeckt ist.

Sie fanden heraus, dass nicht die verschiedenen Lebens- und Umweltbedingungen in diesen Ländern oder die genetischen Unterschiede der Bevölkerungen am besten mit der Entstehung von vielen Krebs-Mutationen korrelierten, sondern vor allem die Anzahl der Zellteilungen der Stammzellen.

Statistisch gesehen führen demnach „ganz normale“ Abschreibfehler beim Kopieren der Erbinformationen zu zwei Dritteln der Genveränderungen, in deren Folge sich ein Tumor bildet.

Zwei Arten der Prävention

In der Praxis bedeute dies, dass man die Früherkennung und Behandlung im Anfangsstadium (Sekundärprävention) verbessern sollte, so die Forscher. Bei Krebsarten, wo fast alle Mutationen auf solche Abschreibfehler zurückzuführen sind, wie etwa Prostatakarzinome, sei dies wohl die einzige Option, die Heilungschancen zu verbessern.

Grafik: die Rolle der Krebsmutationen in verschiedenen Organen

C. Tomasetti et al, Science (2017)

Krebsmutationen treten vor allem bei Stammzellteilungen auf („Replicative“), seltener entstehen sie durch Umwelteinflüsse, noch seltener bei der Vererbung

Bei anderen Krebstypen, wie zum Beispiel Lungenkrebs, wo vor allem eine ungesunde Lebensweise (Rauchen) ausschlaggebend ist, sei die „Primärprävention“ (sich nicht schädlichen Umweltbedingungen auszusetzen) weiterhin die effektivste Art, die Zahl der Krebstode zu verringern.

Kommentar

„Genes, behavior, and bad luck“, Science (23.3.2017).

Zufällig, aber nicht unabwendbar

Wenn zwei Drittel der zu Tumoren führenden Genveränderungen beim Kopieren passieren, heißt das nicht unbedingt, dass Krebs in solchen Fällen unabwendbar wäre, sagt der österreichische Biomathematiker Martin Nowak, der in „Science“ einen Kommentar zur Studie verfasst hat. Oft seien mehrere Mutationen gleichzeitig für die Entartung von Zellen nötig. Wenn auch nur eine davon auf Umweltfaktoren zurückzuführen ist, sei der Krebs vermeidbar.

Schon bei einer früheren Studie mit Krebsdaten ausschließlich aus den USA zeigten Vogelstein und Kollegen, dass ein Großteil der Mutationen reines „Pech“ sind, und wurden dabei missverstanden und kritisiert, so Nowak. Auch die aktuelle Arbeit würde nun wahrscheinlich reichlich diskutiert. „Es wäre aber genauso unangemessen, das Krebsrisiko ohne den Einfluss von Pech verstehen zu wollen, wie wenn man Umwelt- oder erbliche Faktoren nicht berücksichtigt“, schreibt er in seinem begleitenden Kommentar.

science.ORF.at/APA

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