Putin, Trump und ratlose Araber

Hunderttausende sterben in Syrien und im Irak, auf dem Territorium der Arabischen Liga. Deren Führer haben dazu wenig zu sagen. Klartext gibt es nur in der Palästinafrage.

Ulrich Schmid
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Empfang des saudischen Königs Salman und seines Gefolges in Amman zum Arabischen Gipfel (Bild: AP Photo / Raad Adayleh)

Empfang des saudischen Königs Salman und seines Gefolges in Amman zum Arabischen Gipfel (Bild: AP Photo / Raad Adayleh)

Die Führer der Arabischen Liga wünschen sich Einigkeit unter den Muslimen, eine Zweistaatenlösung im Palästinakonflikt und Frieden in Syrien. Wie dies zu erreichen wäre, verrieten die Teilnehmer am eintägigen 28. Gipfel der Liga, der in Jordanien über die Bühne ging, allerdings nicht. Deutlich machten sie hingegen, was sie nicht wollen: eine Verlegung der amerikanischen Botschaft nach Jerusalem, die Anerkennung Jerusalems als Israels Hauptstadt und den Bau weiterer israelischer Siedlungen.

Das Westjordanland vor Augen

Das Treffen der Liga fand am jordanischen Ufer des Toten Meeres statt. Wenn die Teilnehmer den Blick hoben, hatten sie das Westjordanland vor Augen, sinnigerweise das Krisengebiet, das ihnen am wenigsten Kopfzerbrechen bereitete. Was den Palästinakonflikt angeht, sind sich die Araber einig. Der jordanische König Abdallah, der Gastgeber, betonte, Basis jeder Friedenslösung sei und bleibe die Arabische Initiative von 2002. Diese bietet die Anerkennung Israels und fordert den Rückzug aus allen 1967 besetzten Gebieten sowie die Anerkennung eines palästinensischen Staats mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Mit dieser Initiative hatten die Araber dem Maximalismus der Resolution von Khartum den Rücken gekehrt, in der 1967 noch die «Drei Nein» fixiert worden waren: Nein zur Anerkennung Israels, Nein zu Verhandlungen und Nein zum Frieden.

Was Syrien angeht, blieb man im Bereich der Wünsche, und offen wurde bedauert, dass heute als wichtigste Akteure im Konflikt nicht arabische Nationen auftauchen, sondern Länder wie Russland, die Türkei und Iran. Wie man mit dem erratischen Trump umgehen will, weiss man nicht, doch mit ihren Bemerkungen zu Palästina machten die Araber klar, dass sie eine einseitige Bevorzugung Israels nicht hinnehmen wollen. Ratlos macht die Führer der Liga offensichtlich auch Putins Vorprellen in der Levante und in Nordafrika.

Bashar, der Abwesende

Dabei hätte sich Abdallah gerne als Friedensfürst in Szene gesetzt. Bashar al-Asad, der syrische Präsident, ist seit sechs Jahren von den Gipfeltreffen der Liga ausgeschlossen. Die meisten Araber verachten ihn, vor allem wegen seiner Kollaboration mit Iran. Doch in Kairo geniesst Asad auch Sympathien. König Abdallah hätte den Syrer gerne am Toten Meer dabeigehabt, und noch lieber wäre ihm wohl ein «historischer» Handschlag zwischen Asad und König Salman gewesen. Wie in Amman zu hören war, sollen sowohl Putin als auch Sisi die Liga nachdrücklich aufgefordert haben, Asad einzuladen.

Es kam anders. Riad legte sein Veto ein, Asads Stuhl blieb leer, und die Araber hatten ohne ihn darüber zu befinden, wie sie mit dem neuen Akteur im Nahen Osten umgehen wollen. Russland, und nicht etwa die hochgespielte Palästinafrage, war denn auch das heimliche Hauptthema des Gipfels. Putin unterstützt neben Asad auch den Feldmarschall Haftar in Libyen. Damit hat er die Araber tief gespalten. Haftar hat in Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten gute Freunde, Saudiarabien und Katar dagegen sympathisieren mit den moderaten muslimischen Gruppen in Tripolis und Misrata.

Sisi trifft Salman

Einen kleinen Erfolg konnte König Abdallah dennoch erringen. Am Rande des Treffens kam es zu einer Begegnung zwischen Sisi und Salman, wonach verlautete, der saudiarabische König und Ägyptens Präsident hätten sich gegenseitig zu Staatsvisiten eingeladen. Die Spannungen damit bereits als beigelegt zu betrachten, wäre verfrüht, aber es ist eine erfreuliche Entwicklung. Der Konflikt zwischen Kairo und Riad geht nicht sehr tief, entfacht hat ihn im Wesentlichen ein Gezerre um zwei winzige, unbewohnte Inseln im Roten Meer und um die angebliche ägyptische Undankbarkeit für Riads Finanzhilfe.

Hochgradig angespannt ist auch das Verhältnis der Liga zum Irak. Bagdad befindet sich unter dem geopolitischen Einfluss Teherans. Die irakische Regierung steht den Schiiten nahe, schiitische Milizen, unterstützt von Iran, operieren im Land, und die Regierung von Ministerpräsident Abadi beschuldigt die Golfstaaten und vor allem Riad, den IS und die Kaida zu unterstützen. Umso aufsehenerregender war dann am Roten Meer die direkte Begegnung zwischen Abadi und König Salman, die augenscheinlich recht entspannt verlief. Laut Angaben aus seiner Delegation sagte Abadi, nur mit irakischer Einigkeit sei der IS zu besiegen – eine kleine verbale Konzession an alle jene, die sagen, ohne Beteiligung der Sunniten sei im Irak keine Lösung zu erreichen.

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